Der grüne Plan der Zentralbanken
Klimawandel
Notenbanken können den nicht ignorieren – und das tun sie auch nicht. Doch müssen sie behutsam vorgehen, um ihre Glaubwürdigkeit nicht zu zerstören.
Der Klimawandel kostet die Welt schon jetzt sehr viel Geld – ein Umstand, der sich in Zukunft kaum ändern dürfte. Er hat auch das Zeug dazu, ganze Finanzsysteme ins Wanken zu bringen. Etwa dann, wenn Unternehmen zusammenbrechen und ihre Gläubiger – zu denen nicht selten Banken gehören – mit in den Abgrund reißen. An dramatischen Ereignissen wie diesen haben die Zentralbanken freilich kein Interesse, zumal sie oft diejenigen sind, die die Kohlen aus dem Feuer holen müssen. Deshalb schlossen sich zahlreiche Notenbanken und Aufsichtsbehörden schon vor Jahren zusammen, um umweltbezogene Risken besser beobachten und managen zu können.
Doch an der Frage, was genau Notenbanken gegen die Erderwärmung unternehmen sollen, können oder dürfen, scheiden sich die Geister. Auf der einen Seite stehen jene, die die Zentralbanken dazu auffordern, ihre geldpolitischen Instrumente „richtig“einzusetzen, um etwa mit dem großflächigen Ankauf grüner Wertpapiere – wie Staats- oder Firmenanleihen – einen
Lenkungseffekt zu erzielen. Was dazu führen würde, dass „grüne“Unternehmen noch bessere Finanzierungsbedingungen vorfinden würden, während der konventionelle Mitbewerb über kurz oder lang zugrunde geht. Auf der anderen Seite stehen jene, die der Ansicht sind, Notenbanken hätten ein bestimmtes Mandat – im Fall der Europäischen Zentralbank ist es die Preisstabilität – zu erfüllen, an dem auch nicht zu rütteln sei. Andernfalls würden die Zentralbanken Gefahr laufen, ihre Unabhängigkeit wie auch ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, was der Anfang von ihrem Ende wäre.
Grüne Risken. Genau diese schon seit Langem schwelende Debatte hat in der Europäischen Zentralbank (EZB) dazu geführt, dass sie die „Berücksichtigung von Klimaschutzaspekten“nun als Teil ihrer strategischen Neuausrichtung betrachtet. Die EZB wird sich in ihren Analysen und Berechnungen fortan also stärker mit dem Thema auseinandersetzen. Auch bei geldpolitischen Geschäften soll – etwa bei der Risikobewertung
oder dem Ankauf von Firmenanleihen – auf diese Aspekte Rücksicht genommen werden. Was bedeuten kann, dass nur noch jene Wertpapiere für geldpolitische Operationen infrage kommen, die klimarelevante Berichtspflichten erfüllen. Schon jetzt kauft die EZB grüne Unternehmensanleihen, allerdings nicht überproportional, sondern gemäß ihrem Anteil am Gesamtmarkt. Auch die Banken werden künftig stärker unter die Lupe genommen. Sie müssen sich einem Stresstest unterziehen, der zeigen soll, wie klimaschädlich ihr Kreditbuch eigentlich ist. Je umfangreicher diese Daten sind, desto leichter wird es, sich den Problemen zu stellen – und etwas zu verändern.
Die Notenbanken können dabei helfen. Aber eben nur bedingt. Für die deutsche Bundesbank, den größten Anteilseigner der EZB, ist die Rolle der Zentralbank jedenfalls klar: Geldpolitik ist „kein geeignetes Instrument der Klimapolitik“, findet sie. Es sei nämlich nicht Aufgabe der Zentralbanken, Versäumnisse der Politik zu korrigieren.