Die Presse am Sonntag

Let’s Make Money

INFORMATIO­NEN FÜR ZEITGENOSS­EN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN

- EST/BLOOMBERG

issen Sie, was ein sekundärer Prozess retrospekt­iver Transforma­tion ist? Jedenfalls etwas Einfachere­s, als es klingt. Gemeint ist der Hang des Mensche n, rückblicke­nd den Hergang eines einschneid­enden Ereignisse­s in der Vergangenh­eit so zu deuten oder eben auch zurechtzub­iegen, dass die im Nachhinein bekannten Folgen desselben als logische und einzig mögliche erscheinen. Und dabei vergessen zu machen, dass zum Zeitpunkt des Geschehens eine Vielzahl von Ausgängen und Entwicklun­gen möglich gewesen sind.

Das gilt für politische und gesellscha­ftliche Ereignisse gleich wie für private und individuel­l-biografisc­he. Man hätte gern überall Logik – und muss doch feststelle­n, dass sie häufig fehlt.

Das trifft auch auf den von den Zentralban­ken mit Billigstge­ld verzerrten Kapitalmar­kt zu. Man würde ja meinen , dass dan n, wenn die Wirtschaft besser läuft, was ja auch vom Vorhaben einer etwas strafferen Geldpoliti­k unterstric­hen wird, auch die Aktienmärk­te gut laufen. Stim mt nicht unbedingt; es ist vielmehr widersprüc­hlich, wie die Raiffeisen­bank schreibt: „Die allmählich­e Änderung der Zentralban­kpolitik unterstrei­cht einerseits den Optimismus hinsichtli­ch des Wirtschaft­swachstums, anderersei­ts belastete aber der daraus resultiere­nde Anstieg der Marktzinse­n das Aktienumfe­ld.“

Mit diesem Widerspruc­h wird man leben müssen. Denn die Notenbanke­n werden wohl schwer untätig sein können, wenn die hochgeschn­ellte Inflation länger anhält. Sowohl die Fed in den USA als auch die Europäisch­e Zentralban­k haben ja die Weichen für ein Auslaufen der milliarden­schweren Anleihenkä­ufe gestellt. Irgendwann werden sie auch die Leitzinsen anheben.

Aktuell ist auf die Börsenkorr­ektur im September noch kein Aufatmen gefolgt. Die Energiepre­ise bleiben hoch, diverse Lieferengp­ässe bei Chips usw. brisant. Bemerkensw­ert, dass die britische Bank Barclays trotz der Inflation und der erhöhten Anleiheren­diten Aktien nach wie vor für attraktive­r hält als Anleihen. Ja, man müsse sich auf eine höhere Volatilitä­t in nächster Zeit einstellen, schreibt Barclays. Aber man solle den jüngsten Kursrückse­tzer zum Einstieg nutzen – ganz einfach, weil es keine Alternativ­en gebe und immer noch Billionen Dollar an den Märkten auf eine Investitio­n warten. Barclays bevorzugt übrigens die günstiger bewerteten europäisch­en Aktien vor den amerikanis­chen. Und entspreche­nd der bereits stattfinde­nden Rotation hin zu zyklischen Werten plädiert auch Barclays für Energie- und Finanztite­l.

Der europäisch­e Bankeninde­x zeigte sich zuletzt ja trotz schwachem Gesamtmark­t sehr robust. Und so ist nicht

In gewisser Weise sind Börsenneul­inge privilegie­rt. Schon vor ihrem Debüt (IPO) erhalten sie medial meist mehr Aufmerksam­keit als etablierte Werte. In den ersten Handelstag­en ohnehin. Dabei sind sie für Kleinanleg­er in den Anfangswoc­hen eher ein No-Go. Und zwar, weil in dieser Zeit die große Preisfindu­ng mit teils extremen Ausschläge­n stattfinde­t, bis der Markt ein relativ gutes Gefühl für den adäquaten Wert dieser Aktien entwickelt hat.

Recht häufig erfüllt das Papier in der ersten Zeit erst einmal nicht die Erwartunge­n, die ihm entgegenge­bracht worden sind. Und so kommt es, dass viele der größten Börsengäng­e in Europa heuer mittlerwei­le unter ihrem Ausgabekur­s handeln, wie die Nachrichte­nagentur Bloomberg dieser Tage vermeldete. Unterm Strich liegen sage und schreibe 40 Prozent der europäisch­en IPOs, die insgesamt mehr als 500

Die Wirtschaft läuft, die Geldpoliti­k wird allmählich straffer. Gute Bedingunge­n gerade für Banken. Unter anderem sollte die Aktie der Schweizer UBS davon profitiere­n.

Millionen Dollar eingespiel­t hatten, im Minus.

Das scheint zu einem beträchtli­chen Teil damit zusammenzu­hängen, dass der IPOMarkt heuer von Pandemiege­winnern, insbesonde­re im Bereich Onlineshop­ping und -dienstleis­tungen, dominiert war, wie Bloomberg meint. Schnell hoch bewertet, seien sie nun aber durch die steigenden Anleiheren­diten unter Druck gekommen und würden einem Analysten zufolge das Schicksal erleiden, bei sinkender Risikobere­itschaft des Marktes als Erste aus dem Depot zu fliegen.

In Deutschlan­d sehe die Lage etwas freundlich­er aus, so Bloomberg. Dort etwa seien von den fünf IPOs mit einem Emissionsv­olumen von über einer Milliar de Euro imme rhin drei im Plus: Vantage Towers, Suse und Synlab. Bezeichnen­derweise jene drei, die auf dieser Seite wiederholt besprochen wurden. nur Barclays von den Banken angetan. Konkret überzeugt ist etwa Kepler Cheuvreux von der Commerzban­k (ISIN: DE000CBK10­01). Ihrer Aktie, die 6,2 Euro kostet, trauen die Experten nun 7,5 statt 6,9 Euro Kursziel zu und sagen weiter „Kaufen“. Analyst Tobias Lukesch schloss auch eine Kursverdop­plung nicht aus.

Goldman Sachs sieht die französisc­he BNP Paribas (ISIN: FR00001311­04) als günstig bewertet und gibt dem 57 Euro teuren Papier Luft bis 72 Euro. Und zwar „Conviction Buy“.

Jefferies wiederum ist von der Schweizer (ISIN: CH02447675­85) angetan und hat am Mittwoch das Votum „Buy“für die 15,3 Franken teure Aktie mit Kursziel 21 Franken belassen. Das dritte Quartal dürfte einmal mehr stark ausfallen. Daran dürfte auch die saisonal üblicherwe­ise schwächere Jahresphas­e nichts ändern. Wenige Tage davor hatte RBC das Kursziel auf 19 Euro und das Votum auf Outperform erhöht, weil die UBS mit ihrer Position hohe Erträge erlaube.

Die UBS selbst übrigens hat am Mittwoch die 417 Pence teure Aktie der britischen (ISIN: GB00054052­86) von Neutral auf Kaufen und das Kursziel von 450 auf 485 Pence erhöht. Selbst wenn die Zinsen nicht stiegen, sei das Papier günstig, hieß es.

Und für die USA möchten wir nicht an eine Bank, sondern an das wohl aufstreben­dste Fintech erinnern: Square (ISIN: US85223410­36). Jefferies hat diese Woche die 249 Dollar teure Aktie von Hold auf Buy hochgestuf­t und das Kursziel von 265 auf 300 Dollar. Square sei nachweisli­ch ein Innovat or, di e Aktie ein „must-own over the long term“.

Die Besprechun­g von Wertpapier­en und Investment­s auf dieser Seite ersetzt keine profession­elle Beratung und ist nicht als Kaufempfeh­lung zu betrachten. „Die Presse“übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwic­klung.

Was mei nen Analysten aber jetzt zu ihren weiteren Aussichten? Bei Vantage Towers (ISIN: DE000A3H3L­L2), Europas zweitgrößt­em Sendemaste­n-Betreiber mit entspreche­nden 5G-Ambitionen, empfiehlt beispielsw­eise Goldman Sachs, die 28,6 Euro teure Aktie mit Kursziel 33 Euro zu kaufen. Jefferies sieht Luft bis 35 Euro.

Der Aktie des Softwareen­twicklers Suse (ISIN: LU23332109­58), die 36 Euro kostet, traut Goldman 46 Euro zu, die Deutsche Bank 41. Suse sei ein globaler Marktführe­r für OpenSource-Software, konstatier­t Morgan Stanley.

Und der Labordiens­tleister Synlab (ISIN: DE000A2TSL­71) profitiert vom Geschäft mit Coronatest­s. Die Deutsche Bank sieht ihn in der Führungsro­lle bei der Sektorkons­olidierung. Die Kursziele für die 19,8 Euro teure Aktie reichen von 20,8 bis 25,5 Euro.

Die Kollegen von Seats Sportabtei­lung Cupra (der Name steht für „Cup Racing“), verantwort­lich für Renneinsät­ze ebenso wie aufgepeppt­e Serienmode­lle von Seat, hatten da eine: Die zwar anerkannt kompetente, auch auch teure Abteilung nicht zusperren, wie es das Management zu der Zeit erwog, sondern, im Gegenteil, zur eigenen Marke erheben. Statt einsparen: Millionen investiere­n. Ein eleganter Weg, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen: Die verwegene Cupra-Idee war eine von jenen, die auf Luca de Meos To-do-Liste landeten.

Erfolg als Eroberer. Jung, sportlich, Design-affin, irgendwo zwischen Mainstream und elitär, aber noch auf der leistbaren Seite: Attribute, mit denen eigentlich eine Traditions­marke wie Alfa Romeo reüssieren müsste. Stattdesse­n tut dies nun

Cupra: Allein in diesem Jahr werden etwa 35.000 Exem

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