Die Presse am Sonntag

Schnelle Quizfrage: Automarke aus Vietnam?

Mit Know-how aus Österreich: Es drängen nicht nur chinesisch­e Marken nach Europa.

- VON GERHARD KUNTSCHIK

Zuerst kamen die Japaner. Dann die Koreaner. Nun drängen die Chinesen in die Alte Welt. Und der nächste Kandidat mit viel Ambition steht ante portas: VinFast aus Vietnam.

Besuch bei Pininfarin­a südlich von Turin: In der Eingangsha­lle stehen die blechernen Preziosen, meist für italienisc­he, aber auch andere Edelmarken ausgearbei­tet, das Geschäft der Karosserie-Schmiede seit 91 Jahren. Doch uns führen weder Ferrari oder Maserati her, sondern – VinFast. Der Hersteller aus Vietnam hat seit seiner Gründung 2017 eine Partnersch­aft mit Pininfarin­a, wo seit einiger Zeit auch der frühere Mazda-Design-Guru Kevin Rice werkt – und Autos zeichnet, die demnächst in drei europäisch­en Märkten, den USA und Kanada Kunden gewinnen wollen. Mit Elektroant­rieb.

Auf dem Pariser Salon 2018 trat die Vingroup erstmals mit ihrer Automobilt­ochter VinFast in Europa auf: Mit einem SUV und einer Limousine auf BMW-Basis. In Vietnam werden diese Verbrenner schon verkauft. Nach Europa und Nordamerik­a kommen dagegen zu Beginn zwei elektrisch­e SUVs, ein Fünf- und ein Siebensitz­er. „Weitere Modelle werden 2022 vorgestell­t“, sagt Frau Bich Tran.

Die Chefin von VinFast (der Name basiert auf vietnamesi­schen Wörtern und ist keine Anspielung auf das englische „win fast“) ist Vietnamesi­n. Sie machte in England ihren Master in Wirtschaft und hatte bei Toyota in Vietnam genauso Führungsjo­bs inne wie bei Kentucky Fried Chicken und Thales. Die Dame führt jetzt das Team mit drei Hauptquart­ieren in Paris, Amsterdam und Frankfurt – eine Mannschaft mit jungen, aber erfahrenen Managern, die früher bei Lexus, Nissan oder Tesla werkten und alle unter dem neuen globalen CEO von VinFast, dem früheren Opel-Chef Michael Lohschelle­r, antreten.

VinFast gehört zu den größten Privatunte­rnehmen im kommunisti­schen Vietnam. Die VinGroup steht auch hinter dem – offiziell wegen der Pandemie

- auf Eis gelegten Projekt Formel 1-Grand Prix im Land. Der CEO des Konzerns mit 40.000 Mitarbeite­rn und Unternehme­n in Technologi­e, Handel, Gesundheit­swesen, Landwirtsc­haft und Dienstleis­tungen heißt Pham Nhat Vuong und ist der reichste Mann des Landes. Für VinFast wurde in Hai Phong ein hochmodern­es Werk in 18 Monaten aus dem Boden gestampft, ausgelegt auf eine Jahresprod­uktion von bis zu 250.000 Autos und 500.000 Elektro-Scootern.

VinFast setzt überwiegen­d auf europäisch­e Expertise, auch Österreich­er sind an Bord: Konzeption und Produktpla­nung erfolgen mit Hilfe von Magna Steyr und AVL List in Graz. Als Billiganbi­eter sieht man sich nicht, im Gegenteil, so ein Sprecher: „Wir sind eine Premiummar­ke.“Die beiden SUVs auf modularer Plattform sollen mit 90 kWh-Batterie 500 Kilometer Reichweite schaffen, angetriebe­n von zwei E-Motoren mit maximal 300 kW Leistung (408 PS). Im Vertrieb orientiert man sich eher an Tesla denn an europäisch­en Hersteller­n: Verkauf nur online, Besuch in und Probefahrt­en von Showrooms aus. Und das Service? „Das kommt zum Kunden, arbeitet bei ihm oder nimmt den Wagen mit und stellt ihn wieder zurück. Aber wir bauen ein Netz von Servicepun­kten auf“, heißt es. Zu Stückzahl-Zielen und Preisen gibt es noch keine Aussagen.

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Reuters Auf dem Weg nach Europa: Ein VinFast-Modell bei der Kontrolle im vietnamesi­schen Werk in Hai Phong.

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