Das Untadeligste aus beiden Welten
oder: Warum Kanzler nicht mehr zurück-, sondern einen Schritt zur Seite treten.
man so getrost auf maximal zwei Jahre verkürzen. Länger hält in Österreich ohnehin keine Koalition mehr. Das reicht genau für Sondierung, Koalitionsverhandlungen, Angelobung und danach ein paar Flittermonate, bevor dann schon die hässliche Scheidungsschlacht beginnt.
Neben ausgefallenen Koalitionsvarianten bringen solche Phasen auch immer politische Wortneuschöpfungen. „Untadelig“ist da in dieser Woche als Anforderungsadjektiv für einen Regierungschef in die Realverfassung eingeführt worden. Inhaltlich unbestritten, kann man förmlich mithören, wie in grünen War Rooms hektisch ein Begriff statt „anständig“gesucht wurde, der das gleiche meint, aber noch nicht „angepatzt“ist. Auch wirklich elegant: Statt Sebastian Kurz offen zum Rücktritt aufzufordern, haben die Grünen das wunderbare Kurz solle „einen Schritt zur Seite machen“entwickelt. Als ob es auf dieser Seite irgendwie gemütlicher wäre, als dort hinten, wo man bei einem Rücktritt unweigerlich landet. Der Bundeskanzler wiederum will nicht nur „handlungsfähig“sein, sondern er erklärt sich sogar „handlungswillig“. Das soll den Wählerinnen und Wählern, an die sich das offensichtlich schon richtet, Tatendrang signalisieren. Als Rechtfertigung für die verheerenden Chats greift Sebastian Kurz dagegen per Liveschalte zur besten Sendezeit auf abgestandene Beinahe-Entschuldigungsformeln aus dem Worthülsenregal zurück: „(...) In der Emotion und Hitze des Gefechts so formuliert (... ), wie ich sie heute nicht mehr formulieren würde.“
Na, dann ist ja alles geklärt.