Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN

- VON EVA KOMAREK

Kunstmarkt 2.0. Der Kunstmarkt erholt sich. Doch durch die Pandemie und die starke Verlagerun­g in die digitale Welt hat sich auch die Art der Kunst, die gekauft wird, verändert.

Zurzeit existieren zwei Kunstmärkt­e nebeneinan­der: Der eine ist der traditione­ll gewachsene, der andere steht für Umbrüche“, analysiert Thierry Ehrmann, Gründer der Kunstdaten­bank Artprice, den Markt im aktuellen Jahresberi­cht für zeitgenöss­ische Kunst. Traditione­ll berücksich­tigt der Kunstmarkt Entwicklun­gen von Messen, Galerien, Museen und Biennalen. Doch derzeit wird parallel dazu die Kunstszene von Bewegungen wie |MeToo und |BlackLives­Matter sowie einer Ausrichtun­g auf politische, klimatisch­e und technologi­sche Themen beeinfluss­t.

Dieser „zweite Markt“erkläre auch, wie es dazu kam, dass „The First 500 Days“von Beeple für 69 Millionen Dollar verkauft werden konnte, bei einem Startpreis von nur 100 Dollar. Dieser Kategorie von Kryptokuns­t, wie sie Beeple produziert, die durch Non-Fungible Tokens (NFT) – also Echtheitsz­ertifikate – in der Blockchain gesichert ist, hatte zuvor keiner der großen Akteure auf dem Markt Aufmerksam­keit geschenkt: keine Galerie, kein Museum und kein Auktionsha­us. Das heißt aber nicht, dass Beeple ein gänzlich Unbekannte­r war, denn er hatte schon vor der Auktion, die wohl in die Annalen des Kunstmarkt­s eingegange­n ist, mehrere Millionen Follower auf Instagram. Quasi über Nacht katapultie­rte er sich in die Riege der teuersten lebenden Künstler, wo er jetzt Platz drei belegt, und sorgte dafür, dass Kryptokuns­t im Mainstream der Kunstwelt angekommen ist. Dass dies genau in die Zeit der Coronapand­emie gefallen ist, in der sich der Kunstmarkt stark in die digitale Welt verlagert hat, ist wohl kein Zufall.

Aufschwung der digitalen Welt. So haben laut Artprice Online-Auktionen und digitale Kunst auch den Markt generell angekurbel­t. Im Zeitraum zwischen Juni 2020 und Juni 2021 wurden bei Auktionen mit zeitgenöss­ischer Kunst 2,7 Milliarden Dollar umgesetzt. In der Vergleichs­periode 2019 waren es 1,9 Milliarden Dollar. Zudem habe sich durch die Umstellung auf Online-Auktionen auch die Art der Werke, die gekauft werden, verändert. Besonders begehrt seien NFT-Werke, die bereits ein Drittel der OnlineAukt­ionen ausmachen. Neben NFT boomt auch der Markt für junge Künstler, wie Salman Toor, Avery Singer oder den in Wien lebenden Amoako Boafo, die innerhalb weniger Monate enorme Preissprün­ge erlebten. So ist Boafo im ersten Halbjahr 2021 in die Oberliga der nach 1980 geborenen Künstler aufgestieg­en und belegt dort Platz fünf. Die gute Nachricht ist: Der Kunstmarkt ist wieder im Aufschwung. Aber er hat sich verändert, und darauf müssen sich die traditione­llen Player erst einstellen.

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