Das Dorf an der Grenze
In Zell-Pfarre hat sich die slowenische SprAche Gemeinde geprägt von nationaler Identität. gehalten: eine
„Das Dorf an der Grenze“, heißt ein Spielfilm aus den 1970er-Jahren, in dem die oft leidvolle und konfliktreiche Geschichte der deutsch- und slowenischsprachigen Kärntner abgehandelt wurde. Das Dorf ist fiktiv, Zell-Pfarre hätte aber gut das Vorbild dafür abgeben können: eine landwirtschaftlich geprägte 600-Einwohner-Gemeinde im Süden Kärntens. 90 Prozent der Bewohner geben als Umgangssprache Slowenisch an, so viel wie in keiner anderen Gemeinde. Die Grenze ist hier prägend: Die Koschuta, ein KalksteinBergmassiv, ist die weithin sichtbare Grenze zu Slowenien.
Hier ist der slowenische Charakter des Landes stärker verankert und hat sich länger gehalten als anderswo. 97 Prozent der Bevölkerung wollten bei der Volksabstimmung
1920 dem SHS-Staat, dem späteren Jugoslawien, angehören. Im
Zweiten Weltkrieg war hier einer der Stützpunkte der Partisanenbewegung. 13 Bewohner wurden 1943 vor dem Volksgerichtshof zum Tod verurteilt und hingerichtet. Ein Denkmal im Ortskern erinnert heute daran. Historische Ereignisse, die Wunden hinterlassen und ein Dorf geprägt haben.
Und heute? Die nationale Identität spielt immer noch eine große Rolle. „Ich fühle mich stark verankert in der slowenischen Volksgruppe“, sagt Bürgermeister Heribert Kulmesch. Dabei tritt der gar nicht für die Slowenische Einheitsliste an, die im Gemeinderat fünf von elf Mandaten hält, sondern für die SPÖ (ebenfalls fünf ).
Das Slowenische hat hier im Alltagsleben immer noch eine dominierende Rolle. Schule und Kindergarten sind zweisprachig, sonst wird aber üblicherweise Slowenisch gesprochen:
Im Wirtshaus ebenso wie auf dem Sportplatz. Es gibt zwei slowenische Sportvereine und zwei slowenische Kulturvereine. Und auch in den Gemeinderatssitzungen wird weitgehend Slowenisch gesprochen. In der Kirche sowieso, der Pfarrer hält nur slowenische Messen ab, was Kulmesch aber nicht ganz so behagt: Er würde sich da ein gewisses Maß an Zweisprachigkeit wünschen. Immerhin gebe es auch einen kleinen Anteil Nicht-Slowenischsprachiger (meist Zugezogener) im Ort.
Und nationale Konflikte? Die hätten sich in der Gemeinde selbst in der Vergangenheit nicht zwischen Deutsch- und Slowenischnationalen abgespielt (da es Erstere praktisch nicht gab), sondern innerhalb der slowenischen Community. Die ist bekanntlich gespalten in einen christlich-konservativen Flügel und einen linken, von der Partisanenbewegung beeinflussten. Den Konflikt mit den Deutschnationalen erlebt man außerhalb der Gemeinde, und der hat in den vergangen Jahren an Brisanz verloren, konstatiert der Bürgermeister.
Und was macht die Gemeinde abseits des dominierenden Themas der nationalen Identität aus? Da hat der idyllisch in der Bergwelt liegende Ort mit den üblichen Problemen einer Grenzlandgemeinde zu kämpfen: Arbeitsplätze im Ort gibt es praktisch keine, man muss auspendeln, was zu starker Abwanderung geführt hat. Wobei: Ganz so abgeschieden ist Zell-Pfarre gar nicht, Klagenfurt ist in einer halben Stunde erreichbar. Bürgermeister Kulmesch setzt auf den Ausbau der Infrastruktur: Der Bau der Kanalisation ist jetzt spät, aber doch abgeschlossen, beim Breitbandausbau fühlt man sich als Vorreiter.
Zell-Pfarre