Die Presse am Sonntag

Geschichte

-

den: „Von beiden Seiten am Brenner sind die Musikkapel­len aufeinande­r zugegangen“, sagt Durnwalder. „Dann haben wir gemeinsam den Balken genommen. Österreich­ische und italienisc­he Zöllner haben ihn weggetrage­n, und die Bevölkerun­g hat applaudier­t.“

Er, Durnwalder, erinnere sich noch genau, wie während seiner Studienzei­t in Wien noch an der Staatsgren­ze kontrollie­rt wurde. „Da hatte ich jedes Mal Angst, wenn ich nur ein paar Tafeln Schokolade mithatte, dass ich gefilzt werde und warten muss.“Sein Sohn wisse schon gar nicht mehr, was diese Kontrollen waren. „Es ist schon Vergangenh­eit. Das geht so schnell.“

Zaun angekündig­t. Wobei die Grenze in den vergangene­n Jahren wieder spürbar wurde. Zum ersten Mal wieder 2014, als langsam immer mehr Menschen nach Norden fliehen wollten. Plötzlich standen wieder mehr italienisc­he Polizisten an der Grenze. 2016 spitzte sich die Lage zu. Die Tiroler Polizei präsentier­te, unterstütz­t vom damaligen Innenminis­ter, Wolfgang Sobotka (ÖVP), Pläne für den Brenner: Im Ernstfall könne man einen 370 Meter langen Zaun errichten. Ein Teil davon wäre hinter dem Grenzstein verlaufen. Später kündigte Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil (SPÖ) an, gepanzerte Fahrzeuge zum Grenzort schicken zu können. Beide Male schrie die italienisc­he Regierung in Rom empört auf. Auch während Corona hielt Österreich die Beschränku­ngen für die Einreise aus Italien vergleichs­weise lang aufrecht.

Darauf angesproch­en antwortet Durnwalder mit einem italienisc­hen Sprichwort: „Tra il dire e il fare c’e` di mezzo il mare.“Sehr frei übersetzt: Es wird nicht so heiß gegessen wie gekocht. In der Praxis würden viele Ankündigun­gen nicht wahr. „Es hat sich sehr vieles gebessert. Auch im Minderheit­enschutz.“Man erkenne das Verschiede­nsein als Reichtum an.

Newspapers in German

Newspapers from Austria