Bio-Bauern mitten in Wien
Auf den Dächern des siebenten Bezirks baut das Ehepaar Fischer Obst an.
Vor Kurzem haben sie die dunklen Trauben geerntet, die hellen sind auch schon reif – und die Zwetschkenernte war in diesem Jahr besonders ertragreich. Äpfel, Birnen, Pfirsiche und Feigen wachsen hier, in den Dachgärten in Wien Neubau, ebenso.
Es ist ein durchaus ungewöhnlicher Ort, den sich Nicole Fischer-Oberrauner und Gerhard Fischer für ihren Obstanbau ausgesucht haben: Mitten in Wien, im siebenten Bezirk, baut das Paar im fünften Stock diverse Obstsorten an, alles bio und in Permakultur. Verkauft wird das Obst dann, frisch oder zu Sirup und Marmelade verarbeitet, im selben Haus, unten in ihrem noch recht neuen Laden, Fischers Früchte. Rooftop Grapes gibt es hier dann zu kaufen, aber auch selbst gemachten Rohkostessig, Gin, Edelbrände, Kürbisse, Kartoffeln, CBD-Hanftee und vieles mehr.
Nicht alles, was das Paar hier verkauft, wächst und gedeiht in luftiger Höhe auf den Dachgärten: Denn Gerhard Fischer ist auch Landwirt in Vorarlberg, wo er meist von Montag bis Donnerstag auf den Feldern arbeitet. Donnerstagabend steigt er dann, mal mit einer Steige Birnen (der seltenen Sorte Uta) dann wieder mit einer Kiste voller Sturm- oder Saftflaschen „voll bepackt in den Nachtzug“, wie er sagt, um das Wochenende in Wien mit seiner Frau und den beiden Kindern zu verbringen. Und im Geschäft zu stehen.
Die lange Strecke mit dem Auto zu fahren vermeidet Fischer, so gut es geht. Will er größere Mengen an Obst, Schnaps oder Essig nach Wien bringen, organisiert er das meist über Freunde, die mit dem Auto zwischen Wien und Vorarlberg pendeln. „Auch unser Gin ist über eine Mitfahrgelegenheit nach Wien gekommen.“Es sind also zwei Landwirtschaften, die das Paar betreibt. Diese beiden Standbeine sind dem Umstand geschuldet, dass sie sich nie so recht entscheiden konnten zwischen Vorarlberger Bauernhof- und Wiener Großstadtleben. „Wir finden einfach beides großartig.“
Fischer ist gelernter Zimmermann, hat die Landwirtschaftschule absolviert. Für das Studium hat es dann beide nach Wien verschlagen. „Der Plan war, dass wir ein paar Jahre hier studieren und dann wieder zurückziehen“, sagt Fischer-Oberrauner. Sie hat Architektur studiert, er an der Boku Ökolandbau, zu Studienbeginn hat er in Vorarlberg Obstgärten angelegt. „Ich habe mir gedacht: Ich geh nach Wien studieren, in der Zwischenzeit lass ich die Bäume wachsen.“
So war es auch, allerdings bauten die beiden dann auch einen noch unverbauten Dachboden in Wien zu einer Wohnung samt Dachgärten um: Als Architektin hat Fischer-Oberrauner alles geplant, ihr Mann als Zimmermann umgesetzt. „Wir haben schon immer gern alles selbst gemacht“, sagt sie.