Die Faszination London ist ungebrochen
Die angehende Ärztin Laura Kmentt schätzt die Praxisnähe ihrer Ausbildung an ihrer Universität in London.
Ein Studium in Großbritannien hat auch nach dem Brexit nichts an Faszination eingebüßt. Nach offiziellen Angaben nehmen jedes Jahr rund 2000 Österreicher hierzulande eine Universitätsausbildung auf. Eine von ihnen ist die 24-jährige Laura Kmentt aus Klosterneuburg (NÖ),dieimkommendenMärzihrMedizinstudium an der Queen Mary University of London abschließen wird: „Als ich im September 2016 hierher kam, hatte das Land gerade erst für den EU-Austritt gestimmt. Aber davon ließ ich mich nicht aufhalten. Lange Zeit hatten wir ja auch gehofft, dass diese Entscheidung rückgängiggemachtwerdenkönnte.“
Dazu ist es nicht gekommen, die Folgen sind massiv. EU-Studenten sind heute bei den Gebühren nicht mehr ihren britischen Kommilitonen gleichgestellt, sondern gelten als „oversea students“. Würde Laura heute neu einsteigen, müsste sie statt 9250 Pfund (rund 11.000 €) nunmehr 42.500 Pfund (gut 50.000 €) Studiengebühren im Jahr bezahlen. Die Anerkennung britischer Diplome ist im Brexit-Vertrag nicht vorgesehen. Bei der Rückkehr nach Österreich muss Laura eine Nostrifizierung vornehmen lassen. Und das erste Arbeitsjahr als „junior doctor“, nach dem sie sich in Großbritannien als Arzt registrieren lassen darf, zählt in Österreich nicht: „Ich müsste mir dann erst einen Platz für die Basisausbildung suchen.“
Dennoch hat sie das Studium in Großbritannien keinen Augenblick bereut: „Mir hat sofort gefallen, wie praxisorientiert die Ausbildung ist. Von der ersten Woche an sind die Studenten in direktem Kontakt mit den Patienten, während wir parallel Theorie lernen.“Das hat sich auch in der Coronaepidemie bewährt: „Im letzten Winter haben viele Studenten aus den Abschlussjahrgängen in Krankenhäusern im Schichtdienst mitgearbeitet.“
Debattieren und Sport. Aber nicht nur die Qualität der Ausbildung mache das Studium in Großbritannien zu etwas Besonderem: „Eine Studentenerfahrung wie hier gibt es in Österreich nicht“. Zum Studium kommen zahlreiche gemeinsame Aktivitäten, sei es im Sport oder in Debattierklubs. Laura spielt etwa Lacrosse, eine in Europa kaum bekannte Ballsportart.
Seit einem Jahr ist auch Lauras Freund Max Tamussino (24) in London, um einen Master in Elektrotechnik zu machen. Lange fanden für ihn Lehrveranstaltungen nur online statt. Mittlerweile ist auch er fest verankert und lässt es sich nicht verdrießen. „So wie wir jetzt leben, ist die Coronaepidemie weitgehend vorbei“, meint er. Schon im Jänner tritt er einen Job bei einem englischen Unternehmen an. Stundenlanges Pendeln wird ihm nicht erspart bleiben, dafür hofft er: „Die Berufserfahrung wird unersetzlich sein.“
Ob sie auf Dauer in Großbritannien bleiben werden? Für Laura steht zunächst ihr Jahr als junior doctor auf dem Programm. Danach werde man sehen. Max möchte auf jeden Fall wieder zurück. Laura sagt: „Ich liebe London. Aber je länger ich hier bin, umso mehr schätze ich auch Wien.“