Die Presse am Sonntag

»Der Horizont hört nicht am Brenner auf«

Stefan Pfalzer (26) aus Langenlois in Niederöste­rreich studiert nach Stationen in Paris und London in New York.

- VON IRENE ZÖCH

„Ich bin schon länger im Ausland“, sagt Stefan Pfalzer. Seine derzeitige Station: New York. Der 26 Jahre alte Niederöste­rreicher studiert seit August an der Columbia University. Er hat eines der begehrten Fulbright-Stipendien für den Master-Lehrgang Public Administra­tion erhalten. Derzeit lernt er für die Midterm-Prüfungen.

In den vergangene­n Jahren hatte er auch in Paris und in London gelebt und dort ebenfalls ein Masterstud­ium abgeschlos­sen. Vor zwei Jahren machte er in New York ein Praktikum bei den Vereinten Nationen – und wusste, dass New York ihn bald wiedersehe­n würde. „Ich hatte damals den Wunsch, hier länger zu leben.“Und diesen Sommer hat es für Stefan Pfalzer geklappt. Bis auf Kurzbesuch­e war er 2019 das letzte Mal in Wien.

Gut informiert. An der Universitä­t Wien hat Pfalzer, der im Weinort Langenlois aufgewachs­en ist, Politik studiert. Was in Österreich innenpolit­isch vorgeht, das interessie­rt ihn auch aus der Ferne. „Ich informiere mich über das Geschehen in Österreich.“Was in Europa hohe Wellen schlage, werde in den USA nicht so sehr wahrgenomm­en, meint er. Spätestens seit dem Ibiza-Skandal schaue man in Europa besonders nach Österreich. Die Geschehnis­se hierzuland­e reihten sich in eine Abfolge von Erdbeben in der europäisch­en Politiklan­dschaft, die so wohl nicht vorherzuse­hen gewesen seien. Die Tabubrüche der letzten Jahre in Österreich stünden einer westlichen Demokratie nicht zu Gesicht, meint er.

Eine prägende Erfahrung, die er durch seine Auslandsau­fenthalte in London und Paris bekommen hat, ist das Gefühl, „Teil des Projekts Europa“zu sein. Mit Studienkol­legen aus Frankreich, Spanien und Deutschlan­d habe er immer wieder über die Zukunft der EU diskutiert. „Der Horizont hört nicht am Brenner auf“, meint er. Und es sei frustriere­nd, wenn nationale Regierunge­n

aus dem Projekt Europa politische­s Kleingeld in ihren jeweiligen Ländern schlagen wollen. Pfalzer selbst definiert sich nicht nur als Österreich­er: Ein Elternteil stammt aus Ägypten. Im Schmelztie­gel New York sei es aber nicht so wichtig, woher man komme. Und in den USA sei Österreich für die meisten ein unbeschrie­benes Blatt.

Teil des brodelnden Kosmos. Jene, die schon einmal in Wien gewesen seien, würden die Stadt wegen der Kultur lieben – Österreich als Kulturnati­on, dieses Image greife voll, für andere Projektion­en bleibe da wenig Spielraum.

Im Austausch mit Studienkol­legen in New York stoße er aber auf großes Interesse an österreich­ischer Geschichte und der EU: „Besonders unter uns Europäern gibt es hier rege Diskussion­en zur Zukunft Europas, oft erklären wir einander die heimischen Verhältnis­se.“Die Distanz zur Heimat schärfe den Blick, meint er.

Warum New York? „Die Stadt ist besonders, sie fordert mich aber gewaltig“, sagt Pfalzer am Telefon, während im Hintergrun­d Sirenen zu hören sind. „Ich würde mich zwar als stressresi­stent bezeichnen, aber hier ist eine gewisse Grundanspa­nnung, weil so ein hohes Tempo herrscht.“Die Stille fehle, man könne nicht hinausgehe­n, ohne dem ständigen Geräuschpe­gel ausgesetzt zu sein. Doch das ist nur eine Seite der Medaille, die Kehrseite: Hier habe man das Gefühl, ständig passiere etwas – und man selbst sei Teil davon. Außerdem könne man schnell mit jemandem ins Gespräch kommen. „Die New Yorker begegnen einem tendenziel­l freundlich“, sagt Stefan Pfalzer.

Generell schätzt der Niederöste­rreicher, dass eine Art Grundoptim­ismus und Fortschrit­tsglaube herrsche, der einem vermittle, dass alles möglich sei. „Das ist ein schönes Gefühl, dass man an diesem Kosmos teilhaben kann und die Zügel selbst in den Händen hält.“

Student an der Columbia University in New York

Studentin an der Queen Mary University London

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