Über Europa senkt sich ein Eiserner Vorhang
Russland katapultiert sich mit seinem schändlichen Überfall auf die Ukraine aus der zivilisierten Welt. Es kann kein Business as usual geben. Europa wird sich komplett entkoppeln von Putins Paria-Staat.
Die Ukraine kämpft um ihr Überleben, um ihre Existenz als freier und unabhängiger Staat. Der Mut, mit dem sich dieses Volk von Präsident Wolodymyr Selenskij abwärts der übermächtigen russischen Streitkraft entgegenstellt, verdient alle Achtung dieser Welt. Der ukrainische Kampfwille überrascht sicherlich die Moskauer Militärplaner, die diesen schändlichen und grundlosen Angriffskrieg wohl schon vor langer Zeit entworfen haben. Doch wie lang hält die ukrainische Hauptstadt Kiew, in die schon erste russische Soldaten vorgestoßen sind?
Monatelang führte der russische Staatschef, Wladimir Putin, die Welt mit Lügen hinters Licht. Seine Forderungen nach Sicherheitsgarantien waren nur Vorwände. Wäre es ihm ernst gewesen, hätte er sich nicht nur an die Nato und die USA, sondern direkt an den ukrainischen Präsidenten gewandt.
Jetzt ist für alle ersichtlich, was er bezweckt: Er will die Regierung in Kiew gewaltsam stürzen, die Ukraine unters russische Joch zwingen und zu einem territorial amputierten Vasallenstaat degradieren. Im Vorbeigehen
hat er sich Belarus unter den Nagel gerissen. Von dort fiel ein großer Teil der russischen Armee in die Ukraine ein. Vor acht Jahren noch hatte der Diktator von Minsk aus Sorge um die Unabhängigkeit seines Landes die Krim-Annexion kritisiert. Jetzt agiert Alexander Lukaschenko als Komplize von Putin. Der Kreml-Chef strebt offenbar ein neues russisches Imperium mit Satellitenstaaten an. Und er wird noch weitere Gebiete in Moldau oder Georgien einkassieren, wenn ihn niemand stoppt.
Verrechnet. Der Westen hat sich verkalkuliert. Sanktionen reichen nicht, um Putin zu stoppen. Doch auch der Kreml-Chef könnte sich verrechnet haben. Die Ukrainer werden nicht so schnell aufgeben und ihren Kampf nötigenfalls im Untergrund weiterführen.
Es ist vernünftig, dass die Nato keine Soldaten in die Ukraine entsendet. Die Gefahr eines Atomkriegs ist zu groß. Doch es war ein Fehler von US-Präsident Biden, dies schon vor Wochen offen zu erklären. Er hätte gar nichts sagen und zweideutig bleiben sollen. So aber sah Putin grünes Licht aufblinken. Eine militärische Abschreckung existierte nicht und die wirtschaftliche beeindruckte ihn nicht, weil ihm das Wohlergehen des eigenen Volkes egal ist. Der Westen wacht nun auf.
Putin hat sein Land mit diesem Krieg aus der zivilisierten Welt katapultiert. Russland wird zum Paria-Staat. Sein Ausschluss aus dem internationalen Finanzsystem Swift ist nur noch eine Frage der Zeit. Das wird Europa wirtschaftlich und energiepolitisch auch selbst hart treffen. Doch Business as usual kann und wird es mit Russland nach diesem Überfall ohnehin nicht mehr geben.
Dmitri Medwedew, der einst den Präsidentenstuhl für Putin warmgehalten hat, droht bereits mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Es wird zu einer politischen und wirtschaftlichen Entkopplung zwischen Russland und dem Westen kommen. Eine neue Ära bricht an. Über Europa senkt sich wieder ein Eiserner Vorhang. Und die Ukraine kämpft – auf sich allein gestellt – verzweifelt, auf der richtigen Seite zu landen.
» Joe Biden hätte nicht sagen sollen, dass die USA keine Soldaten schicken. «