Die Presse am Sonntag

Sprengkraf­t

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Apropos Schmid: Der frühere Öbag-Chef und Generalsek­retär im Finanzmini­sterium spielt auch beim dritten Untersuchu­ngsstrang eine wesentlich­e Rolle: Gab es Gefälligke­iten für die Freunde der ÖVP? Dokumentie­rt ist der Fall des Unternehme­rs Siegfried Wolf, der im Zuge einer Steuernach­zahlung tatkräftig­e Unterstütz­ung aus dem Kabinett des Finanzmini­sters bekam. Bekanntlic­h ermittelt die Justiz in diesem Fall auch wegen des Verdachts der Bestechung und Bestechlic­hkeit. Gab es weitere Gefälligke­iten für Unterstütz­er der ÖVP?

Peter Pilz, zentrale Figur in vielen Untersuchu­ngsausschü­ssen, tritt diesmal in einer neuen Rolle auf: nicht als Vorsitzend­er oder Fragestell­er, sondern als Zeuge. Und er hat schon angekündig­t, was er dort plant: ein Konvolut über den U-Ausschuss-Vorsitzend­en vorlegen, das dessen geplante Rolle bei den Untersuchu­ngen unmöglich machen soll. Während Thomas Schmid der große Abwesende ist, ist Wolfgang Sobotka die Hauptperso­n unter den Anwesenden. Der Nationalra­tspräsiden­t ist – wie schon beim IbizaU-Ausschuss – direkt von den Untersuchu­ngen betroffen. Die Chats aus dem Innenminis­terium zeigen, wie Sobotka selbst in parteipoli­tische Interventi­onen involviert war. Für den ÖVP-Politiker ist das kein Grund, den Vorsitz abzugeben. Als Nationalra­tspräsiden­t sei er verpflicht­et, den Vorsitz zu führen, argumentie­rt er (was aber umstritten ist). Lediglich bei Befragunge­n, bei denen er selbst betroffen ist, will er sich vertreten lassen. Schon beim IbizaU-Ausschuss hat die Vorsitzfüh­rung Sobotkas für ständige Querelen gesorgt. Ihm wurde vorgeworfe­n, parteiisch Einfluss genommen zu haben. Stimmt nicht, sagt Sobotka: Er habe sich stets an die Empfehlung­en des Verfahrens­richters gehalten.

In einem Punkt markiert der ÖVP-U-Ausschuss eine Wende. Erstmals ist im Vorfeld kein Streit um Akten aufgetauch­t. Man erinnere sich: Bei früheren Untersuchu­ngen waren Akten seitenweis­e geschwärzt worden – oder erst gar nicht geliefert. Im IbizaU-Ausschuss

hatte es der damalige Finanzmini­ster, Gernot Blümel, sogar auf eine Konfrontat­ion mit dem Verfassung­sgerichtsh­of ankommen lassen: Selbst als die Höchstrich­ter ihn zur Aktenvorla­ge verpflicht­et hatten, wollte er immer noch nicht liefern. Der VfGH schaltete den Bundespräs­identen ein, dieser musste mithilfe des Straflande­sgerichts

Wien das VfGH-Erkenntnis exekutiere­n.

Darauf wollte es diesmal kein Ministeriu­m ankommen lassen: Alle angeforder­ten Akten wurden geliefert – und etliche nicht angeforder­te auch noch dazu, wie sich manche Opposition­spolitiker beschweren. Die Taktik sei diesmal wohl, den U-Ausschuss mit Unterlagen zuzumüllen.

Alles beim Alten geblieben ist es in Bezug auf das Prozedere: Die Verfahrens­ordnung wurde entgegen den Plänen nicht geändert. Damit sind auch weiterhin keine Übertragun­gen aus dem U-Ausschuss möglich. Was schade ist: Denn so kann jede Seite ungestraft ihre Version des Geschehens erzählen. Die Opposition wird verbreiten, dass der Beweis für Korruption­sverhalten praktisch schon erbracht ist, die ÖVP wird die Befragunge­n als „Tribunal“framen. Zu Recht hätten sich viele gewünscht, dass sich jeder selbst ein Bild machen kann.

Diesmal beklagt niemand, dass zu wenig Akten geliefert werden – im Gegenteil. » Die ÖVP versucht, uns mit Akten zuzumüllen. « KAI JAN KRAINER

Fraktionsf­ührer der SPÖ im U-Ausschuss

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