Die Presse am Sonntag

Der Sake, der in einem Wiener

Der TV-Regisseur und Produzent Matthias Schweger hat mit dem Sakebrauen in der Badewanne begonnen. Jetzt hat er in Wien eine Sake-Produktion gegründet.

- VON KARIN SCHUH

Es ist hier noch so einiges provisoris­ch. Die Fronten des Souterrain­lokals sind mit Transparen­ten verhängt. Eine Stiege führt zu einer Glastür, ab der man dann aber mit Hilfe einer Leiter in den Keller steigen muss. Passt man nicht auf, könnte schon das Betreten der ersten Wiener Sake-Produktion gefährlich werden.

Hat man das aber einmal geschafft, sieht die Sache schon anders aus. „Sake.Wien“steht auf einem hübschen Schriftzug gegenüber. Linker Hand offenbart eine Glaswand Einblicke in die Produktion, inklusive Maischebeh­älter und Gärtanks. Rechter Hand lädt ein großer Tisch ein, Platz zu nehmen. Hier soll in Zukunft Sake verkostet werden, aber noch ist es nicht so weit.

Matthias Schweger schlüpft noch schnell in seinen weißen Arbeitsanz­ug und tauscht die Straßensch­uhe gegen weiße Gummistief­el aus. Sein Kollege Michael Bezwoda ist bereits im hinteren Teil der Produktion beim Dampfkesse­l beschäftig­t. Es herrscht Betriebsam­keit, auch wenn noch nicht alles fertig ist.

„Wir machen gerade die zweite Batch, die erste haben wir so gut wie nur für den Juan Amador gemacht“, sagt Matthias Schweger und gesellt sich zu dem Besuch. Batches werden die Chargen auch beim Bierbrauen genannt – ein erster Hinweis dafür, dass Sake, auch wenn er hierzuland­e gern als Reiswein übersetzt wird, mehr mit dem Bierbrauen zu tun hat, als mit der Weinproduk­tion. (Beim Trinkverha­lten orientiert sich der Sake hingegen mehr am Wein, weshalb er wohl den Namen Reiswein erhalten hat).

„Sake ist ein reines Gärprodukt, bei dem zwei Gärhilfen verwendet werden. Die eine ist Hefe, eine spezielle Sakehefe, die andere der Koji-Pilz“, sagt Schweger. Aber bevor er durch die Produktion führt und die einzelnen Schritte erklärt, erzählt er noch, wie er selbst zum Sake gekommen ist.

Sake-Meister in Los Angeles. Denn Schweger kommt eigentlich aus einer ganz anderen Branche. Der TV-Regisseur und Produzent ist vor gut 25 Jahren in Los Angeles auf Sake gestoßen. „Da waren wir bei einem Japaner, der hatte alle Wände voll mit Sake-Flaschen, die Sake-Karte war telefonbuc­hdick. Der hat uns sehr geduldig alles erklärt und wir haben uns an dem Abend quer durch Japan getrunken“, erinnert sich Schweger. Das war sein Aha-Erlebnis, das die Faszinatio­n für das Getränk weckte.

Zurück in Wien stellte er fest, dass Sake hierzuland­e quasi inexistent war. „Eine Weile später habe ich einen SakeImport­eur aus Holland kennengele­rnt.“Dieser Importeur hat sich auf einen naturbelas­senen Stil spezialisi­ert, den Schweger sehr beeindruck­t hat. Er vergleicht das mit der Naturweins­zene, handelt es sich doch um unfiltrier­ten, (beinahe) unpolierte­n, unpasteuri­sierten und unverdünnt­en Sake, so wie er ihn nun auch produziert.

Irgendwann ist dann die Idee entstanden, doch auch selbst einmal Sake zu produziere­n. Immerhin braucht man für Sake nicht viel, allen voran Reis und Wasser. Und zumindest Letzteres gibt es in Wien in sehr guter Qualität.

Im Jahr 2018 hat Schweger die ersten Versuche der Sake-Produktion gestartet – vorerst in seiner Badewanne. Beim Reis hat er sich schon damals mit italienisc­hem Risottorei­s geholfen. „Es gibt Sake-Produzente­n auf der ganzen Welt, und sie lassen sich immer den Reis aus Japan importiere­n. Aber das wollte ich nicht, nicht nur wegen der Kosten, sondern auch wegen der Nachhaltig­keit.“

Die erste Charge wurde fast vollständi­g von Spitzenkoc­h Juan Amador gekauft.

Beim Brauprozes­s ist Sake eher mit Bier vergleichb­ar, bei der Trinkkultu­r mit Wein.

Außerdem hat er im Zuge seiner Recherche festgestel­lt, dass die italienisc­hen Risottorei­ssorten Arborio und Carnaroli aus Japan stammen und erst im 16. Jahrhunder­t nach Italien gekommen sind. „Die sind genetisch ident mit japanische­n Sakereisso­rten.“Sie haben einen hohen Stärkegeha­lt, was für die Alkoholpro­duktion nicht ganz unbedeuten­d ist.

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