Verlässliches und Gutes
Viel Sturm dieser Tage, und viel Unruhe, deshalb geht es diesmal um Verlässliches, wie die gesunde und unverwüstliche Frühlingszwiebel, die genauer zu studieren und anzubauen sich lohnt.
Das Jahr hat mit viel Wind begonnen, und mit Sturm geht es weiter. Orkane unterschiedlichster Art durchpflügen die Lande, und es ist kein Ende in Sicht.
Unten, im Schutz der Größeren, blühen derweil die ganz Kleinen zwischen altem Laub. Der knallgelbe Winterling war der erste leuchtende Bote, er hat sich bereits wieder verabschiedet, dafür sind Frühlingsknotenblumen und Leberblümchen aufgetaucht, Gänseblümchen und Primeln. Die ersten jungen Brennnesselblätter sprießen, und die Dirndlsträucher leuchten gelb für die Bienen und für das Einkochfest im Herbst. Man geht durch den Sturm und überlegt, wie die Welt beschaffen sein wird, wenn die Kornelkirschen dann reif sind.
Man geht überhaupt gern in den Garten dieser Tage, trotz des Windes und wegen der Stürme. Es wirkt tröstlich, denn es ist unbedingt Verlass auf ihn. Der Garten ist seinem Menschen eingeschrieben wie eine kleine Landkarte, die man auswendig kennt, auch wenn jetzt noch das meiste unter der Erde liegt und gar nicht zu sehen ist. Die Inseln der Taglilien und Phloxe etwa, die Kontinente der Blumenbeete, die Gebirgszüge von Akanthus, Lavendel, oder Rosen, und die Meere von Ziergräsern da und dort. Alles in stetem Wandel, aber zu jeder Zeit des Jahres verlässlich. Der Giersch taucht auch genau dort wieder auf, wo man ihn erwartet und nicht haben will, und dann gibt es noch das Glashaus, das wie ein braves, dickes Schiff jeder Witterung trotzt.
Zum Glück hat es den teils extremen Winden standgehalten, im Gegensatz zu seinem Vorgänger. Die vergleichsweise schwächlichere Konstruktion flog eines Tages hoch und weit durch die Lüfte und landete nach ein paar effektvollen Umdrehungen als Haufen aus Metall und Stegplatten in der Wiese. Dieses, wie gesagt, ist stabilerer Natur, und es ist bereits in vollem Betrieb, auch wenn die Nächte noch frostig sind. Ein paar große schwarze Wasserbottiche sorgen für die Speichermasse, sie wärmen sich untertags in der Sonne auf und geben in der Nacht diese Wärme ab. Über die ohnehin nicht sonderlich empfindlichen Kohlrabipflanzen und die Salate kommt im Extremfall abends die federleichte Tuchent eines Vlieses, das die in der Erde gespeicherte Wärme isoliert und die Kleinen darin geschützt hält.
Für die eine Etage darüber keimenden Sämlinge hingegen muss man besser sorgen. Sie befinden sich nicht nur in der gespannten Luftfeuchte sogenannter Miniglashäuser, sie stehen zudem in einer Wanne mit einer in Estrich eingegossenen Heizmatte samt Thermostat, wie man sie für Fußbodenheizungen um wenig Geld in jedem Baumarkt kaufen kann. Das ist praktisch ohne Ende, denn diese lokale Mini-Heizung schaltet sich nur dann ein, wenn es wirklich notwendig ist, und die konstante Wärme sorgt für ideale Keimbedingungen. Die nächste Kohlrübengeneration ist bereits auf dem Weg sowie die ebenfalls kältemäßig nicht so zimperlichen Roten Rüben, der Mangold und – der Schatz schlechthin – die Frühlings- oder Winterzwiebeln.
Von denen kann der Mensch nicht genug haben, wenn er Gesundes essen will. Von all den als gesund gepriesenen Allium-, also Lauchgewächsen, wie Knoblauch, Schnittlauch, Porree, Zwiebel, ist die Frühlingszwiebel dem Vernehmen nach das inhaltsreichste und gesündeste. Glaubt man der Ernährungswissenschaft, so ist sie sogar noch gesünder als der gute alte Knoblauch, und für Glashausmenschen ist sie insofern genial, als sie jahrelang darin wächst und tadellos über den Winter kommt. Meine ältesten Frühlingszwiebelveteranen sind knackige vier Jahre alt und offensichtlich unverwüstlich. Sie spendieren unverdrossen jahraus, jahrein die königlich würzigen grünen Blätter, denn wenn man nicht zu tief in die weiße bodennahe Zwiebelzone schneidet, treiben sie sofort wieder aus.
Zwei von ihnen dürfen im Sommer blühen und Samen ausreifen lassen. Auch darauf ist immer Verlass. Man schüttelt die kugeligen Samenstände aus, bewahrt die kleinen schwarzen Samen auf und baut sie nach dem Winter wieder an. Die diesjährige Tranche hat genau vier Tage gebraucht, dann waren sie da, die kleinen grünen Zwiebelkinderchen.
Man kann sie auch im Topf ziehen, und das ist jedenfalls einen Versuch wert. Mit etwas Schutz kommen sie auch im Freien über den Winter, und sie gedeihen fast überall, am besten an sonnigen, windgeschützten Plätzen und in nährstoffreichen, lockeren Böden. Schrecken Sie sich nicht beim ersten Verkosten. Sie sind so viel schärfer und aromatischer als die gekauften.