Groß-Update im MQ: Neue Landmark, weniger Beton
Bis spätestens 2030 will die neue Leiterin des Museumsquartier, Bettina Leidl, das Wiener Kunst- und Kultur-Areal klimaneutral machen. Die dafür erforderlichen Adaptierungen will sie auch dazu nutzen, um dem Museumsquartier nachträglich eine moderne, arch
Dass die Zeichen in Wien auf Frühling stehen, lässt sich im Stadtbild sehr plakativ auch daran festmachen, dass die Sitz- und Liegemöbel wieder in die Höfe des Wiener Museumsquartiers (MQ) zurückkehren.
Am Montag ist es so weit – da werden die Enzis (wie sie offiziell längst nicht mehr heißen, auch wenn sie fast jeder noch so nennt) dieses Mal in der Farbe MA48-orange nach der Winterpause in den MQ-Höfen aufgestellt. Begleitet werden sie von zahlreichen Maulbeerbäumen in Trögen, die die Höfe begrünen und für ein wenig Schatten sorgen sollen.
Ebendiese Bäumchen sind „eine kleine erste Idee der verstärkten Begrünung“, die in den nächsten Jahren im MQ passieren soll, wie Bettina Leidl im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“sagt. Als neue Leiterin der Museumsquartier Errichtungs- und Betriebsgesellschaft möchte Leidl das MQ nicht nur verstärkt begrünen, sondern auch „bis spätestens 2030“klimaneutral machen „Kultureinrichtungen sollten im Sinne der Agenda 2030 auch einen Beitrag
zur Transformation der Gesellschaft auf ökologischer, ökonomischer und sozialer Ebene leisten“, sagt Leidl. „Ich sehe das Museumsquartier hier schon in einer Vorreiterrolle.“
Fotovoltaik. Weshalb eines ihrer großen Ziele als neue Leiterin auch lautet: Das Museumsquartier „raus aus den fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energien“zu führen: Von Fotovoltaikanlagen auf den Dächern („natürlich unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes“) bis zu Geothermie, die die Museen mit Erdwärme heizen und kühlen könnten. Konzepte und eine Machbarkeitsstudie sollen in diesem Jahr erarbeitet werden.
Dass der Weg in Richtung Klimaneutralität in einem 90.000 m2 Areal mit zahlreichen Museen (und mit teils sensiblen konservatorischen Vorgaben) kein einfacher wird, ist klar. Die dafür notwendigen Adaptierungen könnte man, so eine weitere Idee der neuen MQ-Leiterin, auch dazu nutzen, „das Areal weiterzudenken und ein Role Model für ein nachhaltiges und energieeffizientes Kulturareal zu sein“.
Leidls Vision: Eine moderne, architektonische Landmark im MQ, die die historischen Fassaden überragt. So wie es auch mit der Libelle, die 2020 auf das Dach des Leopold-Museums gesetzt wurde und die als künstlerische Intervention weithin sichtbar ist, gelungen sei.
Wäre bei der Errichtung des Kulturareals vor mehr als 20 Jahren alles nach Plan gelaufen, hätte das MQ eine
Das Museumsquartier soll raus aus fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energien.
Die Vision: Eine moderne Landmark, die die historischen Fassaden überragt.
solche charakteristische Landmark von Beginn an gehabt: Denn in den ursprünglichen Plänen der Architekten Laurids und Manfred Ortner wäre bekanntlich ein Leseturm vorgesehen gewesen, der nach zahlreichen Protesten verhindert wurde (siehe auch Artikel rechts). Und um diese vergebene Chance sei es „selbstverständlich“schade, sagt Leidl.
Überhaupt wären die Museumsbauten (Leopold-Museum und Mumok) in den ursprünglichen Plänen höher dimensioniert gewesen, hätten die historische Fassade überragt, wodurch die „Sichtbarkeit der Institutionen im Stadtraum stärker gewesen wäre“.
Für die Institutionen am Areal „ist es ein Thema, dass sie von außen nicht sichtbar sind“. Mehr Sichtbarkeit des Modernen gegenüber der historischen Bausubstanz ist etwas, das Leidl nun gern aufgreift.
Denn das Schöne am MQ sei ja, „dass mit der Eröffnung nicht jeder Raum inhaltlich definiert wurde. Das Museumsquartier ist kein statisches Areal, sondern eines, das sich mit den
Jahren weiterentwickelt. Und man sieht heute, was vielleicht noch fehlt“.
So wie das Thema Begrünung, das heute bei jedem Bauprojekt State of the Art ist, vor 20 Jahren aber noch kaum beachtet wurde. Wobei, sagt Leidl, „ich das architektonische Konzept von Ortner und Ortner sehr schätze: Sie haben im Haupthof eine Piazza geschaffen, auf der die Architektur der neuen Museen entsprechend zur Geltung kommt“– und der Blick eben nicht von Bäumen eingeschränkt wird.
Heute ist die Situation eine andere: Die intensive Nutzung der Höfe als öffentlicher Raum wurde in dieser Form damals nicht antizipiert. Ebenso wenig natürlich der Klimawandel, mit der Folge, dass die fast unbegrünten Höfe an Hitzetagen ohne Maßnahmen kaum als Freiraum genutzt werden können. In welcher Form das MQ künftig begrünt werden wird, ob etwa auch eine Fassadenbegrünung kommen könnte, ist aber noch offen.
Die neue MQ-Leiterin möchte aber auch die Zugänge ins Museumsquartier sichtbarer machen, „stärker akzentuieren“, wie sie sagt, etwa durch künstlerische Gestaltung. Überhaupt soll sich das MQ – das sich ja als offenes Areal begreift, durch die Umrahmung der ehemaligen Hofstallungen aber eher geschlossen wirkt – mehr öffnen, in Richtung siebenter Bezirk „bis hinein in den Spittelberg“.
Aber auch in Richtung der prominenten Nachbarn Natur- und Kunsthistorisches Museum. Wie das alles gelingen soll? Leidl schwebt eine Idee ähnlich
INFO der bestehenden „Superblocks“in Barcelona vor: Ein „Superquartier“, das weitgehend verkehrsberuhigt ist, eine hohe Aufenthaltsqualität hat, „und in der Folge auch eine Steigerung der Lebensqualität“mit sich bringt. Auch wenn man die Zweierlinie, die das MQ von NHM und KHM trennt, wohl eher nicht verkehrsfrei bekommen wird.
Mehr Kooperation soll es aber auch innerhalb der MQ-Mauern geben: Denn bei der Zusammenarbeit der kleinen und großen Museen und Institutionen am Areal sieht Leidl noch Spielraum: „Ein stärkeres Miteinander, gemeinsam Projekte zu entwickeln, die auch eine große Strahlkraft nach außen
Für Kulturschaffende aus der Ukraine stehen Wohnungen und Ateliers bereit.
haben.“Aktuell ist auch das Theater an der Wien – das renoviert wird – während der Umbauarbeiten für etwa zwei Jahre in der Halle E einquartiert. Von diesem Neuzugang erhofft sich Leidl „eine spartenübergreifende Zusammenarbeit“mit den Institutionen am Areal.
Gerade auch im öffentlichen Raum des MQ: Die Freiräume in den Höfen, aber auch entlang der Außenfassade sollen künftig auch vermehrt die MQ-Einrichtungen mit künstlerischen Interventionen bespielen, die Kunst soll