»Speck« aus roten Rüben
Thomas Marquardt hat sich mit seinem Unternehmen Flora & Rauna auf Gemüse-Charcuterie spezialisiert – und bietet eine vegane Alternative zu Speck oder getrocknetem Fleisch an.
Fleisch spielt hierzulande meist immer noch die Hauptrolle. Zum Beispiel bei der Brettljause, bei der pflanzliche Produkte eher unter die Kategorie Garnierung fallen. Wer aber komplett auf tierische Produkte verzichten will – und für wen also auch die Käseplatte nicht in Frage kommt – der hat es bei der Brettljause schwer. Was schade ist, denn nicht nur beim Heurigen, auch in guten Restaurants
ist so ein bisschen aufgeschnittener Speck mit Brot und ein paar Begleitern doch eine feine Sache, an der man naschen kann und erst so richtig Appetit bekommt. Veganer müssen da meist warten, bis der Salat kommt.
Aber das könnte sich ändern, immerhin tauchen diesbezüglich neue, fleischlose Produkte auf. Und zwar nicht nur in Form von hoch industrialisierten Ersatzprodukten, die nicht an das Original herankommen und mehr E-Nummern als Gemüse enthalten. Es geht auch anders, in dem man das Gemüse in den Mittelpunkt stellt und ihm auch bei der Verarbeitung genauso viel Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegen bringt wie Fleisch.
Der Student Thomas Marquardt macht das derzeit mit der roten Rübe. Eingemietet im ehemaligen Reinprechtsstüberl im fünften Wiener Bezirk werkt er seit Jänner an einem Produkt, das er Gemüse-Charcuterie nennt. Angelehnt an Fleischprodukte wie Speck, Salami oder Trockenfleisch wird dabei das Gemüse gekocht, mariniert und mithilfe eines Edelschimmelpilzes, dem japanischen Koji-Pilz, fermentiert. Das fertige Produkt hat ähnlich der Salami einen weißen Mantel, wird dünn aufgeschnitten und schmeckt erstaunlich herzhaft.
„Mein Freund ist Veganer und ich habe einen kulinarischen Background. Also ich habe als Koch gearbeitet, aber
Die fermentierte rote Rübe hat einen weißen Mantel wie Salami und schmeckt herzhaft.
die Kochprüfung nicht abgeschlossen“, sagt der gebürtige Deutsche auf die Frage, wie er auf die Idee mit dem Gemüse-Charcuterie gekommen ist. Bei veganem Käse fehle ihm oft die Herzhaftigkeit und der Umami-Geschmack. Und weil er selbst gern experimentiert und in den USA bei Veganern gerade viel in Richtung Gemüse-Charcuterie ausprobiert wird – was er dank so
zialer Medien intensiv beobachtet –, hat er sich an die Produktion gemacht.
Klar war für ihn dabei, dass er mit dem japanischen Koji-Pilz arbeiten will, der auch für die Miso-Produktion verwendet wird und der für den Umami-Geschmack sorgt. „Ich finde das sehr faszinierend, eigentlich hat ein Schimmelpilz ja ein schlechtes Image, aber es gibt ein paar Ausnahmen, wo ein spezieller Schimmelpilz für sehr guten Geschmack sorgt, wie etwa bei der Salami oder bei Weichkäse.“
Weißer Flaum. Für sein Produkt kocht er zuerst die roten Rüben im Ganzen, mit der Schale. Anschließend werden sie mit Salz und Gewürzen mariniert, mit den Koji-Pilz-Sporen eingerieben und dann zwei Tage lang in einem Gärschrank fermentiert. Den Koji-Pilz bezieht er aus einem Labor aus Japan, das weiße Pulver streckt er zuvor noch mit Kartoffelstärke. Im Gärschrank reifen dann die roten Rüben zwei Tage lang bei 28 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von rund 70 Prozent. Jene Rüben, die er erst frisch in den Schrank gelegt hat, sind noch schön rot, während die vom Vortag bereits einen weißen Flaum angelegt haben.
Im unteren Bereich des Gärschranks befinden sich schon die
AUF EINEN BLICK
Flora & Rauna
Thomas Marquardt produziert unter den Namen Flora & Rauna im ehemaligen Reinprechtsstüberl im fünften Wiener Bezirk GemüseCharcuterie. Er verkauft seine Produkte über Geschäfte, die sich auf Fermentationsprodukte spezialisiert haben, wie das Blvb Blub in Ottakring und an die Gastronomie. www.instagram.com/floraundrauna Verkostung
Am Samstag, 2. April, findet von 13 bis 18 Uhr eine Verkostung der Flora & Rauna-Produkte bei Pepper & Ginny (Ballgasse 5, 1010 Wien) statt.
VegAlp
Die Schweizer Gemüse-Botschafterin und Kochbuchautorin Esther Kern hat gemeinsam mit dem Koch Jann Hoffmann ein rein pflanzliches „Bündnerfleisch“entwickelt. veg-alp.com