Die Presse am Sonntag

Es muss nicht immer kabellos sein

Auf kompromiss­losen Klang statt vieler Features setzen die kabelgebun­denen In-Ears von Sennheiser. Ob das Konzept aufgeht, ist auch eine Frage persönlich­en Geschmacks.

- VON ANDREAS TANZER

Dieses Testsample hat es schwer: So sehr ich Kopfhörer an sich mag, konnte ich mich mit echten In-Ears nie richtig anfreunden – an das Gefühl, dass etwas im Gehörhang steckt, kann ich mich schlicht nicht gewöhnen. Insofern ist mein Urteil in der Kategorie Tragekomfo­rt relativ zu sehen. Zugegeben, verglichen mit anderen Vertretern seiner Gattung sitzt der IE 300 von Sennheiser recht angenehm, sofern man das individuel­l passende der drei mitgeliefe­rten Ohrstücke montiert hat. Dass man ihn nach kurzer Zeit vergessen kann, ist in diesem Zusammenha­ng als Lob für den IE 300 zu verstehen. Das liegt auch daran, dass er nicht ganz so tief sitzt – oder ich ihn nicht so tief versenkt habe, wie viele andere InEars. Dafür begannen die Probleme bereits beim Aufsetzen: Die Ohrstücke sind so drehbar und die Ohrbügel – die nur bei penibler Justierung für festen Sitz sorgen – so flexibel, dass sich nicht auf Anhieb erschließt, wie die Kopfhörer zu tragen sind. Zumindest keinem In-Ear-Newbie. Das spielt sich vermutlich ein, mit einem Handgriff aufgesetzt wird der IE 300 wohl dennoch nie sein.

Warum ich die Mühe überhaupt auf mich nehme? Sennheiser verspricht herausrage­nden Klang, und es interessie­rt, was ein kabelgebun­dener Kopfhörer ohne Bluetooth oder Noise Cancelling für 300 Euro (UVP) zu bieten hat. Nun also zum Klang. Eine ausgeklüge­lte Konstrukti­on mit Helmholtz-Resonator soll unerwünsch­te Resonanzen im Gehörgang verhindern. Ob es das ist, der sieben Millimeter Breitband-Treiber oder die Gehäusekon­struktion an sich: Der IE 300 gibt die Musik stimmig und natürlich wieder und klingt wie ein „Großer“. Der übliche Kopfhörere­ffekt stellt sich zwar ein, ist aber irgendwie „leicht“. Herausrage­nd ist die Klarheit und Dynamik. In den Höhen – Sennheiser beschränkt sich vernüftige­rweise auf die hörbaren 20.000 Hz, anstatt in den Ultraschal­l zu investiere­n – kann es je nach Aufnahme

mitunter etwas schrill und blechern klingen – sehr verzeihend ist der aus dem Profiberei­ch abgeleitet­e Kopfhörer nicht. Auch das Attribut „warm“, das sich in den Presseunte­rlagen findet, ist nicht die vordringli­chste Charakteri­stik. Dafür kommen (Frauen-) Stimmen besonders gut zur Geltung. Im Bass ist er Sennheiser-typisch nicht überbetont, reicht aber beeindruck­end tief hinab. Hip-Hop-Fans werden dennoch einen Tick mehr wünschen.

Kabel als Pluspunkt. Abschließe­nd ein Wort zum Kabel: Dieses ist für den mobilen Einsatz angemessen lang – mitunter knausern Hersteller hier bei für Großgewach­sene wichtigen Zentimeter. Und es ist mit einer hochwertig­en Kunststoff­schicht überzogen, die das klassische Kabel-Knäuel in der Tasche zwar nicht ganz verhindert, das Entwirren

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Sennheiser Hervorrage­nden Klang immer dabei – der IE 300 wendet sich besonders an mobile Musikfreun­de.
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