»Energiewende ohne Bergbau geht nicht zusammen«
Michael Wurmser hat in Norwegen Phosphat, Vanadium und Titan entdeckt. China zeigt großes Interesse an seinen Rohstoffen.
Auf den Rohstoffmärkten gibt es starke Marktmacht. Russland und China sind große Spieler. Kobalt kommt zu weiten Teilen aus dem Kongo und so weiter. Und jetzt finden Sie riesige Vorkommen kritischer Rohstoffe in Norwegen. Was bedeutet das?
Michael Wurmser: Wir haben die größten Phosphatvorkommen der Welt entdeckt. Das führt natürlich zu Verschiebungen, auch weil Norwegen ein demokratisches Land in Europa ist. Das befreit Europa aus bisherigen Abhängigkeiten. Phosphat ist als Batteriegrundstoff wichtig für die Mobilitätswende und wichtig für die Düngemittelerzeugung, also Ernährungssicherheit. Aber wir haben auch große Vorkommen an Vanadium, das braucht man für nachhaltige Batterien. Und Titan, das benötigt man für die Stahlerzeugung und diverse Industrien.
Ist es üblich, dass diese drei kritischen Rohstoffe in einem Felsen vorkommen?
Nein. Wir haben rein magmatisches Gestein ohne giftige Verunreinigungen, wie durch Kadmium, Thorium oder Uran, gefunden. Das bedeutet: Wir brauchen keine Chemie, müssen kein Wasser verschwenden, um die kritischen Rohstoffe zu fördern. Und wir können die Gesteinsabfälle sogar verkaufen. Zum Beispiel an die Dänen und Niederländer, die ihre Küsten gegen den steigenden Meeresspiegel absichern müssen und Inseln für Offshore-Windparks bauen.
Michael Wurmser
ist Gründer von Norge Mining. Das junge Bergbauunternehmen hat im Süden Norwegens Lizenzen für den Abbau von Phosphat, Vanadium und Titan.
Norge Mining
hat den Unternehmenssitz in London und ist nicht an der Börse gelistet. Investoren sind vor allem Schweizer, Österreicher und Deutsche.
Ihre Bergbaulizenzen müssen wahnsinnig begehrt sein. Warum hat sich die nicht schon lang vor Ihnen jemand gesichert?
Die Europäer haben immer in Afrika oder in Südamerika nach Rohstoffen gesucht, aber nie zu Hause Ressourcen erschlossen. Man wusste, dass Skandinavien Rohstoffe hat, aber das Investment schien lang nicht attraktiv. Norwegen stand synonym für Öl und Gas. Wir dachten, Phosphat ist als Düngemittel zentral für die globale Ernährungssicherheit. Wir haben Lizenzen erworben und das Erzgestein untersucht, ob die Mineralienkonzentration für einen Business-Case taugt. Wir haben das Gebiet mit einem mit neuester Messtechnologie ausgestatteten Hubschrauber abgeflogen und festgestellt, dass die Größe der Vorkommen unsere Erwartungen voll übertroffen hat.
Haben sich seither Interessenten gemeldet?
Die Chinesen haben großes Interesse, sie melden sich oft. Aber mittlerweile machen sie es etwas subtiler, über Anwälte oder Unternehmen. Die wollen sich die Rohstoffe sichern. Aber wir sind ein europäisches Unternehmen . . .
Aber kein EU-Unternehmen. Sie sind Schweizer, Ihre Firma sitzt in London und Ihre Rohstoffe liegen in Norwegen . . .
Und keines der drei Länder ist EU-Mitglied (lacht). Aber wir sind auf den Westen fokussiert, wir sind strategischer Partner der EU.
Hat man im Westen versäumt, bei Rohstofflieferanten genug zu diversifizieren?
Absolut versäumt. Ein Beispiel: Die US-Rüstungsindustrie etwa kauft Titan hauptsächlich aus Japan. Japan importiert das Rohprodukt aus Mosambik. Und wer kontrolliert Mosambik? Die Chinesen. Die USA haben also ein Problem, sie haben das nicht zu Ende gedacht. Und das trifft auf ganz viele Länder, Unternehmen und die benötigten Rohstoffe zu.
Batterien und E-Mobilität verbindet man vor allem mit Lithium und Nickel. Warum ist Vanadium hier wichtig?
Mit Vanadium kann man Batterien herstellen, die sind viel nachhaltiger. Die kann man sehr oft aufladen und gut recyceln. Wer eine Batterie aus Nickel, Kobalt, Lithium und Kadmium in ein Auto packt und dann glaubt, das sei nachhaltig, hat das auch nicht zu Ende gedacht, sondern begeht eine ökologische und soziale Sünde. Lithium wird in der Salzwüste in Südamerika abgebaut, das vergeudet Unmengen an Trinkwasser. Kobalt kommt aus dem Kongo, der Abbau verpestet die Umwelt und es gibt Kinderarbeit. Nickel dasselbe. Kadmium ist krebserregend. Kadmium, Kobalt, Nickel: Das ist die Trinität des Grauens.
In Europa scheitern Bergbauprojekte dafür häufig an der Zivilbevölkerung und Umweltbedenken.
Das war in unserem Businessplan das größte Risiko. Aber weil der norwegische Staat erkannt hat, welche Assets da im Boden liegen, hat er für ein schon geplantes Autobahnstück jetzt eine andere Route gewählt und sie verlegt. Die Bauern auf unserem Gebiet, die eigentlich hätten enteignet werden sollen, können ihren Grund jetzt behalten. Die sind jetzt gute Freunde.
Aber meistens läuft es doch anders. In Serbien etwa ist eine Lithiummine von Rio Tinto an der Bevölkerung gescheitert.
Die haben einen Milliardenbetrag investiert und wurden dann von Belgrad mit der Begründung Umweltschutz rausgekickt. Das ist eigentlich unvorstellbar. Aber es gibt Möglichkeiten, Bergbau nachhaltig zu betreiben. Ja, es ist immer ein Eingriff in die Natur. Aber man kann und sollte danach renaturieren. Man kann nicht für die Energiewende sein, aber gegen Bergbau. Das geht nicht zusammen.
Wann beginnen Sie mit dem Abbau in Norwegen?
In wenigen Jahren, aber wegen des Krieges in der Ukraine könnte es noch schneller gehen. Russland und die Ukraine sind über Nacht als Rohstoffexporteure ausgefallen. Das Thema Rohstoffversorgung ist wirklich akut. Europas Wirtschaft ist in dieser Frage immens unter Druck. Es braucht dringend sichere Alternativen.