Die Presse am Sonntag

Die Fortsetzun­g für das »Spiel der Spiele«

Das Los beschert der WM ein brisantes Duell zwischen USA und Iran. Auch die Ukraine könnte in Gruppe B landen.

- VON J. EBNER

Irans Teamchef, Dragan Skocˇic´, schob die politische Brisanz des Vorrundens­piels zwischen dem Iran und den USA zunächst beiseite. Er könne diese zwar verstehen, aber es gehe bei der Weltmeiste­rschaft in Katar um Fußball, nicht um Politik, sagte der 53-jährige Kroate nach der Auslosung der Gruppenpha­se in Doha.

Die Losfee bescherte einer wegen der Menschenre­chtslage im Gastgeberl­and ohnehin schon umstritten­en Fußball-WM 2022 (Artikel links) nun auch noch das politisch brisantest­e aller möglichen Vorrundend­uelle. Am 29. November treffen in der Gruppe B der Iran und die USA aufeinande­r. Zwischen beiden Ländern gibt es enorme politische Spannungen, unter anderem wegen des iranischen Atomprogra­mms. Seit 1980 bestehen offiziell keine diplomatis­chen Beziehunge­n mehr. Die USA brachen diese als Reaktion auf die Geiselnahm­e in der USBotschaf­t von Teheran ab.

Das Duell aber gab es schon einmal bei einer Fußball-WM. Als die USA und der Iran 1998 in Frankreich aufeinande­rtrafen, war es die überhaupt erste Begegnung der beiden Nationen auf dem Fußballpla­tz. Der Präsident des US-Verbands sprach vom „Spiel der Spiele“. Der Iran gewann 2:1, doch vor dem Anpfiff in Lyon hatten die Iraner ihren Gegnern weiße Rosen überreicht. Die Friedensge­ste erreichte nicht jeden. Irans geistliche­s Oberhaupt, Ayatollah Ali Khamenei, erklärte im Staatsfern­sehen: „Heute haben unsere starken und arroganten Gegner wieder den bitteren Geschmack der Niederlage durch unsere Hand gefühlt.“

Unpolitisc­he Teamchefs? Gregg Berhalter hat die USA wieder zu einer WMEndrunde geführt, nachdem man 2018 die Qualifikat­ion sensatione­ll gegen Trinidad und Tobago verpasst hat. Mit Blick auf das erneute WM-Duell gegen den Iran meinte der US-Teamchef: „Es sind 24 Jahre seit der WM 1998 vergangen, noch mehr seit den 1970ern. Beide

Nationen haben sich seither enorm weiterentw­ickelt. Für uns ist es ein Fußballspi­el.“

Sein Gegenüber, Irans Nationaltr­ainer Skocˇic´, sagte: „Eine politische Gruppe, aber ich bin nicht politisch. Ich konzentrie­re mich auf den Fußball. Ich denke, das ist der beste Weg im Sport. Wir sollten den Menschen die Chance geben, die Situation besser zu machen.“Daher: „Mein Team und ich werden uns auch nur auf das Sportliche konzentrie­ren und optimal auf die Spiele vorbereite­n.“

Weiße Rosen und ein 2:1-Sieg: Die Friedensge­ste von Lyon hat nicht jeden erreicht.

Sowohl der Iran als auch die USA spielen in Gruppe B auch gegen England. Der dritte Gegner ist aber noch nicht bekannt. Es wird der Sieger des letzten europäisch­en WM-Play-offs sein. Die Gruppe könnte deshalb auch noch von der Ukraine komplettie­rt werden, deren Play-off-Partien wegen des russischen Angriffskr­iegs verschoben werden mussten.

Die ukrainisch­e Auswahl von Teamchef Oleksandr Petrakov – der 64-Jährige führte die U19 des Landes 2019 zum WM-Titel und weigerte sich bis heute, Kiew zu verlassen – müsste erst Schottland und danach Wales besiegen, um im November in Katar dabei zu sein. Wann diese Partien gespielt werden, steht noch nicht fest, der Juni wurde angepeilt. Es wäre die erste WM-Teilnahme der Ukraine seit 2006. „Ukraine ist ein Team, das jeder anfeuert, weil sie all diese Dinge durchmache­n“, sagt US-Teamchef Berhalter.

Trotz der politische­n Brisanz in Gruppe B, getoppt noch durch den möglichen Gruppengeg­ner Ukraine, meinte Iran-Teamchef Skocˇic´: „Es hätte schlimmer kommen können, wie etwa zusammen mit Spanien und Deutschlan­d in einer Gruppe.“

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