Die Presse am Sonntag

Russische Armee strukturie­rt sich neu

Die Kämpfe im Osten der Ukraine gehen heftig weiter. Moskau setzt offenbar einen neuen General ein und hält Militärman­över ab.

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Kiew/Moskau. Bereits seit mehreren Tagen ist von einer groß geplanten russischen Offensive in der Ukraine die Rede – und im Vorfeld dessen scheint Moskau die Armee umzustrukt­urieren. Medienberi­chten zufolge übernimmt der General Alexander Dwornikow das Kommando; er soll als Oberbefehl­shaber fungieren. Bislang scheinen sich die einzelnen Einheiten der Armee autonom in den verschiede­nen Gebieten der Ukraine bewegt zu haben, unter anderem darauf führen Experten die schweren Rückschläg­e für Wladimir Putins Armee zurück.

Dwornikow gilt als erfahren, er war auch in Syrien stationier­t, wo Putin den Machthaber Bashar al-Assad unterstütz­t. Syrien-Erfahrung weist auch jener russische General vor, der offenbar für die Belagerung von Mariupol und somit auch für mutmaßlich­e Kriegsverb­rechen verantwort­lich ist: Mikhail Mizinzow. Unter seiner Ägide ging die Belagerung der Hafenstadt auch am Wochenende weiter, die russischen Soldaten versuchen weiterhin, die Stadt ganz einzunehme­n. Ukrainisch­e Soldaten leisten erbitterte­n Widerstand, während mehr als 100.000 Einwohner weiterhin eingeschlo­ssen sind. Hilfsorgan­isationen warnen seit Wochen vor einer humanitäre­n Katastroph­e. Präsident Wolodymyr Selenskij bekräftigt­e erneut, dass der weitere Verlauf des Krieges von Waffenlief­erungen abhänge.

Kriegsverb­rechen. Seit dem Abzug der russischen Truppen aus Kiew konzentrie­ren sich die Kämpfe auf den Osten des Landes, neben Mariupol gab es in der Region Luhansk heftige Kämpfe. Ukrainisch­en Angaben zufolge sind bei Luftangrif­fen mehr als 50 Zivilisten getötet worden, die mit der Bahn die Stadt verlassen wollten. Zudem hat Russland nahe der Stadt Dnipro ein Waffenlage­r mit Raketen beschossen, in der westlichen Exklave Kaliningra­d wurde offenbar ein Militärman­över abgehalten.

Indessen reißen die Meldungen über schwerste Kriegsverb­rechen an vielen Orten in der Ukraine nicht ab. Kiews Außenminis­ter Dmytro Kuleba rief die Menschen im Land auf, Kriegsverb­rechen russischer Soldaten zu melden. Dafür sei nun eine eigene Homepage eingericht­et worden.

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