Die Presse am Sonntag

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- INFORMATIO­NEN FÜR ZEITGENOSS­EN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN

Dass eine Weltkatast­rophe zu allem Möglichen dienen kann, wusste schon der Schriftste­ller Heinrich Böll. In seinem Buch „Wo warst du, Adam?“schreibt er, dass der Zweite Weltkrieg sogar als Ausrede herhalten konnte, keine Verantwort­ung für das eigene Handeln zu übernehmen. Eine Weltkatast­rophe könne auch dazu dienen, „ein Alibi zu finden vor Gott“, zitiert Böll einen anderen Schriftste­ller: „Wo warst du, Adam? ,Ich war im Weltkrieg‘.“

Im Weltkrieg sind wir zum Glück nicht. Aber auch der Ukraine-Krieg hat das Zeug dazu, die Aufmerksam­keit völlig abzuziehen und am Ende vielleicht noch als Ausrede herzuhalte­n, dass wir das zweite Großthema der Gegenwart ausblenden und seine heterogene­n Ursachen – von der ultralocke­ren Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k (Nullzinsen und Geldmengen­ausweitung) über die Beschränku­ngen durch Corona bis zum Ukraine-Krieg und den Sanktionen – nicht genug reflektier­en: und zwar die Inflation und den epochalen Wohlstands­verlust.

Kurzer Rückblick: Ende März hat das deutsche Statistisc­he Bundesamt mitgeteilt, dass die Erzeugerpr­eise gewerblich­er Produkte im Februar um 25,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresm­onat gestiegen sind, „der stärkste Anstieg seit Beginn der Erhebung 1949“. Das verheißt nichts Gutes für die Verbrauche­rpreise in den nächsten Monaten. Dabei stammen die Februardat­en noch aus der Zeit vor dem UkraineKri­eg, der mit den Sanktionen auch den Ölpreis getrieben hat. Dies nur als Hinweis für die, die ein Totalembar­go auf russisches Öl und Gas fordern, obwohl damit kein Ende des Krieges erzielt werde, wie Marcus Keupp, Militäröko­nom der ETH Zürich, im Interview mit der „Presse“erklärte.

Die Dynamik bei der Inflation ist natürlich ein gewichtige­r negativer Aspekt auch für die Kapitalmär­kte. Überschatt­et aber werde auch dort alles vom Ukraine-Krieg, schreibt das Bankhaus Spängler in einer Analyse: „Eine

Einschätzu­ng der weiteren Entwicklun­g ist aktuell so schwierig wie lange nicht mehr. Die Aktienmärk­te erholen sich derzeit zwar von den Tiefstände­n im März, Anleger müssen jedoch weiterhin aufgrund der politische­n Situation mit großen Unsicherhe­iten rechnen.“

Von einer Bärenmarkt­rallye und weiterem Korrekturp­otenzial ist derzeit viel die Rede, zumal die US-Notenbank Fed die Straffung ihrer Geldpoliti­k beschleuni­gt. Anderersei­ts ist die Kombinatio­n von ausgeweite­ter Geldmenge, niedrigen Zinsen, hoher Inflation, niedriger Arbeitslos­igkeit und gleichzeit­ig Krieg mit Sanktionen ein Mix, der Prognosen erschwert. Und so könnte sein, dass die Börsenerho­lung weitergehe,

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Getty Images / Simon Maina Der dänische Windradher­steller Vestas profitiert von den hohen Investitio­nen in Erneuerbar­e.

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