Der doppelte Fußballgipfel
Pep und Klopp, Ballbesitz und Überfall, Salah und bald Haaland – der Leitfaden für Manchester City gegen Liverpool, das größte Duell, das der Klubfußball zu bieten hat.
Diese Rivalität dominiert den modernen Klubfußball, sie entscheidet über Titel und Trophäen, setzt den Maßstab in allen Bereichen des Fußballgeschäfts, und sie prägt Spielphilosphien auf dem ganzen Planeten. Gleich zweimal in den nächsten sieben Tagen, heute im Gipfeltreffen der Premier League (17.30 Uhr, live, Sky), am Samstag im Halbfinale des FA-Cups, treffen Manchester City und FC Liverpool aufeinander. Womöglich auch noch ein drittes Mal im Mai im ChampionsLeague-Finale. Hier ein Leitfaden zum derzeit größten Duell des Klubfußballs.
Selbst für Jürgen Klopp ist er der beste Fußballtrainer der Welt. Das erklärte der Liverpool-Coach im Vorfeld des heutigen Premier-League-Schlagers. Tatsächlich hat Pep Guardiola den englischen Fußball und damit auch den Klubfußball insgesamt nachhaltig geprägt, seit er vor knapp sechs Jahren in Manchester angeheuert hat. Mit seinem nahezu perfektionierten Ballbesitzund Kombinationsfußball hat er nun die Chance auf den bereits vierten englischen Meistertitel mit City.
Doch nur ein Punkt trennt ihn von Liverpool, das Momentum spricht für die Klopp-Truppe. Denn Anfang des Jahres hatte City elf Punkte Vorsprung, Anfang Februar neun, Anfang März noch sechs und nun vor dem Showdown ist die einst komfortable Führung auf einen mickrigen Zähler zusammengeschrumpft. Liverpool scheint die physische Belastung in dieser Saisonphase zu meistern, mental sind die Reds durch die Aufholjagd beflügelt. Und Klopps Überfallfußball mit dem nach wie vor besten Umschaltspiel weit und breit hat immer noch niemand in den Griff bekommen. Auch Guardiola adelt sein Gegenüber: „Jürgen Klopp ist der Rivale, der mich am meisten rätseln ließ.“
Die englische Meisterschaft war jahrzehntelang ein offenes Rennen unter den „Big Six“. Nun aber hat sich ein Duo abgesetzt. Ab 2017/18 hieß der Meister entweder Manchester City oder Liverpool, alle anderen Klubs hatten seither keine Chance auf den Titel.
Daran dürfte sich so schnell nichts ändern. Tottenham Hotspur hat nach der Pochettino-Ära den Anschluss verpasst, Arsenal findet ihn erst langsam wieder, Manchester United ist zurzeit in einer Findungsphase, und Chelsea muss erst den Abramowitsch-Rückzug unbeschadet überstehen.
Das Erfolgsrezept von City und Liverpool: Ein über Jahre gepflegtes System von zwei stilprägenden Trainern, die dank ihrer finanziellen Möglichkeiten auch immer wieder die richtigen Verstärkungen für ihre Teams finden.
Vor dem Gipfeltreffen in Manchester sind es zwei Stürmer, die im Rampenlicht stehen. Für Liverpools Mohamed Salah ist die Partie die perfekte Bühne, um sich zurückzumelden. Zuletzt wurde der 29-jährige Torjäger zur tragischen Figur, als er mit Ägypten erst das Finale des Afrika-Cups und dann das entscheidende WM-Play-off jeweils im Elfmeterschießen verlor. Nur ein Mal in seinen jüngsten neun Partien hat er für Klub und Nationalteam getroffen (einen Elfmeter gegen Brighton & Hove). Vieles deutete zuletzt zumindest darauf hin, dass der Toptorjäger in Liverpool bleiben würde, nachdem mit seinem Abschied im Sommer spekuliert worden war.
Bei City zieht aktuell Erling Haaland in seinen Bann. Unzählige Topklubs sind hinter dem 21-jährigen Dortmund-Starstürmer her, doch Englands Meister dürfte wohl das Rennen machen. Einerseits, weil Haaland angeblich unter Guardiola spielen möchte, obwohl dieser gern auf klassische Mittelstürmer verzichtet. Andererseits, weil nur wenige weitere Klubs die Transferkosten stemmen könnten. Kolportierte 75 Mio. Euro wären sofort fällig, die Gesamtkosten könnten über die
Jahre aber auf über 300 Mio. Euro steigen. Liverpool winkte bereits ab. „Die Zahlen, die genannt werden, sind verrückt. Damit haben wir nichts zu tun. Keine Chance“, meinte Klopp.
Seit Liverpool im Februar den Ligacup, den weniger bedeutsamen der beiden englischen Cupbewerbe, gewonnen hat, muss sich Klopp Fragen zu einem möglichen Quadruple (alle drei nationalen Titel plus Champions-LeagueSieg) anhören. „Wir sind nicht einmal nah dran, über solch verrückte Dinge nachzudenken“, meinte er.
Manchester United gelang 1999 einmal das Triple aus Liga, FA Cup und Champions League. Doch in England ist eine solche Überlegenheit ob der Dichte an der Spitze eine absolute Ausnahme. Manchester City ist der einzige
Klub, dem seit 2010 ein Double gelang (Liga und FA Cup 2018/19). Heuer kann Guardiola sogar ein Triple schaffen (Liga, FA Cup, Champions League).
Da sich City und Liverpool nun in zwei Bewerben direkt gegenüberstehen, wird ein Klub bei Quadruplebzw. Triple-Vorhaben durch die Finger schauen. Von einer Vorentscheidung in der Meisterschaft durch das heutige Duell wollte auch noch niemand reden. „Wenn wir gegen City gewinnen, was schwierig genug ist, würde niemand glauben, dass alles entschieden ist“, erklärte Klopp. „Wir spielen jetzt gegen die beste Mannschaft der Welt. Was wir in den vergangenen Monaten getan haben, war, die Basis zu legen, und eine bessere Basis kannst du nicht schaffen.“Guardiola wusste überhaupt einen Ratschlag: „Wartet nicht darauf, die Premier League, die Champions League oder den FA Cup zu gewinnen, um glücklich zu sein. Genießt den Tag. Genießt den Moment.“