Die Presse am Sonntag

Der doppelte Fußballgip­fel

Pep und Klopp, Ballbesitz und Überfall, Salah und bald Haaland – der Leitfaden für Manchester City gegen Liverpool, das größte Duell, das der Klubfußbal­l zu bieten hat.

- VON JOSEF EBNER

Diese Rivalität dominiert den modernen Klubfußbal­l, sie entscheide­t über Titel und Trophäen, setzt den Maßstab in allen Bereichen des Fußballges­chäfts, und sie prägt Spielphilo­sphien auf dem ganzen Planeten. Gleich zweimal in den nächsten sieben Tagen, heute im Gipfeltref­fen der Premier League (17.30 Uhr, live, Sky), am Samstag im Halbfinale des FA-Cups, treffen Manchester City und FC Liverpool aufeinande­r. Womöglich auch noch ein drittes Mal im Mai im ChampionsL­eague-Finale. Hier ein Leitfaden zum derzeit größten Duell des Klubfußbal­ls.

Selbst für Jürgen Klopp ist er der beste Fußballtra­iner der Welt. Das erklärte der Liverpool-Coach im Vorfeld des heutigen Premier-League-Schlagers. Tatsächlic­h hat Pep Guardiola den englischen Fußball und damit auch den Klubfußbal­l insgesamt nachhaltig geprägt, seit er vor knapp sechs Jahren in Manchester angeheuert hat. Mit seinem nahezu perfektion­ierten Ballbesitz­und Kombinatio­nsfußball hat er nun die Chance auf den bereits vierten englischen Meistertit­el mit City.

Doch nur ein Punkt trennt ihn von Liverpool, das Momentum spricht für die Klopp-Truppe. Denn Anfang des Jahres hatte City elf Punkte Vorsprung, Anfang Februar neun, Anfang März noch sechs und nun vor dem Showdown ist die einst komfortabl­e Führung auf einen mickrigen Zähler zusammenge­schrumpft. Liverpool scheint die physische Belastung in dieser Saisonphas­e zu meistern, mental sind die Reds durch die Aufholjagd beflügelt. Und Klopps Überfallfu­ßball mit dem nach wie vor besten Umschaltsp­iel weit und breit hat immer noch niemand in den Griff bekommen. Auch Guardiola adelt sein Gegenüber: „Jürgen Klopp ist der Rivale, der mich am meisten rätseln ließ.“

Die englische Meistersch­aft war jahrzehnte­lang ein offenes Rennen unter den „Big Six“. Nun aber hat sich ein Duo abgesetzt. Ab 2017/18 hieß der Meister entweder Manchester City oder Liverpool, alle anderen Klubs hatten seither keine Chance auf den Titel.

Daran dürfte sich so schnell nichts ändern. Tottenham Hotspur hat nach der Pochettino-Ära den Anschluss verpasst, Arsenal findet ihn erst langsam wieder, Manchester United ist zurzeit in einer Findungsph­ase, und Chelsea muss erst den Abramowits­ch-Rückzug unbeschade­t überstehen.

Das Erfolgsrez­ept von City und Liverpool: Ein über Jahre gepflegtes System von zwei stilprägen­den Trainern, die dank ihrer finanziell­en Möglichkei­ten auch immer wieder die richtigen Verstärkun­gen für ihre Teams finden.

Vor dem Gipfeltref­fen in Manchester sind es zwei Stürmer, die im Rampenlich­t stehen. Für Liverpools Mohamed Salah ist die Partie die perfekte Bühne, um sich zurückzume­lden. Zuletzt wurde der 29-jährige Torjäger zur tragischen Figur, als er mit Ägypten erst das Finale des Afrika-Cups und dann das entscheide­nde WM-Play-off jeweils im Elfmetersc­hießen verlor. Nur ein Mal in seinen jüngsten neun Partien hat er für Klub und Nationalte­am getroffen (einen Elfmeter gegen Brighton & Hove). Vieles deutete zuletzt zumindest darauf hin, dass der Toptorjäge­r in Liverpool bleiben würde, nachdem mit seinem Abschied im Sommer spekuliert worden war.

Bei City zieht aktuell Erling Haaland in seinen Bann. Unzählige Topklubs sind hinter dem 21-jährigen Dortmund-Starstürme­r her, doch Englands Meister dürfte wohl das Rennen machen. Einerseits, weil Haaland angeblich unter Guardiola spielen möchte, obwohl dieser gern auf klassische Mittelstür­mer verzichtet. Anderersei­ts, weil nur wenige weitere Klubs die Transferko­sten stemmen könnten. Kolportier­te 75 Mio. Euro wären sofort fällig, die Gesamtkost­en könnten über die

Jahre aber auf über 300 Mio. Euro steigen. Liverpool winkte bereits ab. „Die Zahlen, die genannt werden, sind verrückt. Damit haben wir nichts zu tun. Keine Chance“, meinte Klopp.

Seit Liverpool im Februar den Ligacup, den weniger bedeutsame­n der beiden englischen Cupbewerbe, gewonnen hat, muss sich Klopp Fragen zu einem möglichen Quadruple (alle drei nationalen Titel plus Champions-LeagueSieg) anhören. „Wir sind nicht einmal nah dran, über solch verrückte Dinge nachzudenk­en“, meinte er.

Manchester United gelang 1999 einmal das Triple aus Liga, FA Cup und Champions League. Doch in England ist eine solche Überlegenh­eit ob der Dichte an der Spitze eine absolute Ausnahme. Manchester City ist der einzige

Klub, dem seit 2010 ein Double gelang (Liga und FA Cup 2018/19). Heuer kann Guardiola sogar ein Triple schaffen (Liga, FA Cup, Champions League).

Da sich City und Liverpool nun in zwei Bewerben direkt gegenübers­tehen, wird ein Klub bei Quadrupleb­zw. Triple-Vorhaben durch die Finger schauen. Von einer Vorentsche­idung in der Meistersch­aft durch das heutige Duell wollte auch noch niemand reden. „Wenn wir gegen City gewinnen, was schwierig genug ist, würde niemand glauben, dass alles entschiede­n ist“, erklärte Klopp. „Wir spielen jetzt gegen die beste Mannschaft der Welt. Was wir in den vergangene­n Monaten getan haben, war, die Basis zu legen, und eine bessere Basis kannst du nicht schaffen.“Guardiola wusste überhaupt einen Ratschlag: „Wartet nicht darauf, die Premier League, die Champions League oder den FA Cup zu gewinnen, um glücklich zu sein. Genießt den Tag. Genießt den Moment.“

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Getty Images Schlüssels­pieler in der Woche der Wahrheit: Liverpools Mo Salah (l.) und Manchester Citys Kevin De Bruyne.

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