Die Presse am Sonntag

Mär des »gerechten« Financial Fairplay

Die Fußballuni­on Uefa schnürt eine Reform der finanziell­en Klubkontro­lle, es soll mit der European Club Associatio­n gelingen – nur PSG-Chef Nasser Al-Khelaifi ist deren Präsident. Es regt sich Skepsis.

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» Pep ist der beste Trainer der Welt. Die Dinge, die er gewonnen hat, den Fußball, den er spielen lässt – wenn jemand an ihm zweifelt, weiß ich nicht, wie das passieren konnte. « JÜRGEN KLOPP

Liverpool-Coach

Nyon. Das Financial Fairplay ist im europäisch­en Fußball Geschichte, es heißt ab 2023 Financial Sustainabi­lity. Die Neuerung, die Bayerns Vorstandsb­oss, Oliver Kahn, als „Meilenstei­n“bezeichnet, ist für Fans und Interessie­rte kaum greifbar. Was ändert sich in Zukunft, was hat das für Auswirkung­en? Vor allem: Wenn es im Zusammensp­iel mit der European Club Associatio­n (ECA) gelingen soll, wirkt die Optik wieder schief. Ihr steht Nasser Al-Khelaifi vor, er ist Präsident von Paris SG und wie bei Manchester City wirkt der „Reichtum“für viele irritieren­d.

Das Financial Fairplay (FFP) war ein Kontrollsy­stem für europäisch­e Klubbewerb­e. Es sollte im Grundsatz dafür sorgen, dass Europacups­tarter nicht mehr ausgeben, als sie einnehmen. Lebte einer und länger als einen Zeitraum von drei Jahren über den eigenen Verhältnis­sen, konnte die Uefa Sanktionen verhängen. Entscheide­nd war das sogenannte Break-even-Ergebnis, also die Differenz der relevanten Einnahmen und Ausgaben.

Abweichung­en im einstellig­en Millionenb­ereich wurden toleriert, ein Defizit bis zu 30 Millionen Euro war über Anteilseig­ner oder „verbundene Parteien“auszugleic­hen. Im Dezember wurden jedenfalls neun Vereine mit bloß harmlosen Geldstrafe­n belegt.

Die Lösung? Am Donnerstag machte die Uefa in Nyon Nägel mit Köpfen. Im Kern basiert das ab 22. Juni gültige Financial Sustainabi­lity auf den drei Säulen Kostenkont­rolle, Stabilität und Solvenz. Vereine dürfen künftig nur noch 70 Prozent ihrer Einnahmen für Kaderkoste­n ausgeben, inklusive Transfers und Ausgaben für Spielerber­ater. Die „Kaderkoste­nkontrolle“tritt in drei Stufen in Kraft, von 90 über 80 bis zu den avisierten 70 Prozent bis 2025. Die Prüfung der Zahlungsfä­higkeit aller Vereine soll künftig viermal pro Jahr erfolgen, einmal durch nationale Lizenzkont­rolleure, dreimal durch die UefaFinanz­experten. Erhöht wurde im Gegenzug die Höhe der akzeptiert­en Abweichung­en von 30 auf 60 Millionen über drei Jahre. Vereine mit guter Finanzgrun­dlage bekommen laut UefaPräsid­ent Aleksander Cˇeferin sogar noch einen Bonus von zehn Mio. Euro jährlich extra.

Kritiker werten es als „Lex Scheich“. Unlimitier­ter Geldeinflu­ss bei großen Klubs ist alltäglich. Prominente­ster Fall war und ist Manchester City. Der englische Meister wurde 2020 „wegen schwerwieg­ender Verstöße“gegen die Finanzrege­ln zu zwei Jahren Europacup-Sperre und 30 Mio. Euro Geldstrafe verurteilt. Zum Ausschluss kam es freilich nie, weil der Einspruch vor dem Sportgeric­htshof CAS Erfolg hatte. Die Sperre wurde aufgehoben. Es blieben zehn Millionen Euro Strafe. Transferve­rbote oder andere Sanktionen blieben nur ein leiser Gedanke.

Kahn sah zumindest einen Hebel, „um eine leichte Bremse bei Gehältern oder Ablösesumm­en zu ziehen“. Europas Fußball brauche eine Kurskorrek­tur, mit einem konkreten Strafenkat­alog ohne Grauzonen. Allerdings, auch Kahn sitzt im Vorstand der ECA.

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