STECKBRIEF
Mit Robin Dutt versucht sich ein weiterer deutscher Fußballtrainer in Österreichs Bundesliga. Er schwärmt vom WAC, sieht Salzburg trotzdem um Welten voraus, will Rapid besiegen und lacht über den »Senf«, den vermeintliche Experten abgeben.
Hand aufs Herz: Sie waren bei Leverkusen, Bremen und Bochum Trainer, als Sportvorstand in Stuttgart und auch beim Deutschen Fußballbund engagiert. Hätten Sie je damit gerechnet, einmal im Lavanttal, bei einem Klub wie dem WAC, zu arbeiten?
Robin Dutt: Wieso denn nicht? Ich kenne den österreichischen Fußball seit Jahren, habe auch einen Zweitwohnsitz nahe der Grenze zu Vorarlberg. Wolfsberg hat in den vergangenen Jahren einen guten Weg genommen, das passte schon für mich. Die Gespräche mit Präsident Dietmar Riegler waren toll, wir haben gemeinsame Ziele mit neuer Infrastruktur, einem Stadion und im Nachwuchsbereich. Wir wollen in Österreich eine feste Größe werden, und darum bin ich hierhergekommen. Andere machen im Lavanttal Urlaub, ich arbeite hier.
Warum ist Österreich seit Jahrzehnten ein so beliebter Arbeitsplatz für deutsche Fußballtrainer? Die Liste ist lang, sie reicht von Coordes über Hrubesch, Frank, Matthäus, Löw, Daum, Schmidt, Jaissle, Foda etc.
Ich weiß nicht, was die anderen bewogen hat hierherzukommen. (lacht) Weil ich so lang in Deutschland als Trainer und Sportvorstand tätig war, es sind fast zwei Jahrzehnte gewesen, war es in dieser Lebensphase wichtig, etwas anderes zu sehen. Ich habe gezielt geschaut, und das Projekt in Wolfsberg hat mir gefallen. Da hatte ich das größte Gefühl der Wertschätzung, vielleicht ist es auch das, was allen anderen so zugesagt hat. Ich finde es spannend, in Österreich zu arbeiten – ich bereue es keine Sekunde, hier zu sein. Ich bringe meine Expertise ein. Das passt ganz gut in meine Vita.
Der Einzug in die Meistergruppe ist dem WAC geglückt, aber da wirkte das Spiel plötzlich eher ruppiger. Auch Sie wirkten oft unglücklicher . . .
. . . unglücklicher? Wie meinen Sie das? Der WAC war unglücklich oder ich als Trainer? (lacht)
Es hatte durchaus den Anschein, als ob Sie des Öfteren doch mit den Referees gehadert hätten.
Mit welchen Entscheidungen soll ich denn unglücklich gewesen sein? Oh, nein, nein! Da ist alles ganz im normalen Rahmen abgelaufen. Und ich muss dazu auch sagen, dass ich in meiner ganzen Karriere noch keine gelbe Karte gekriegt habe oder je auf die Tribüne musste. Schiedsrichter haben es sehr gut mit mir! Ich werde selten ermahnt, mir ist der respektvolle Umgang sehr wichtig. Kurze Emotionen sind aber normal . . .
. . . und der schwache Auftritt des WAC?
Nach anfänglichen Schwierigkeiten im Grunddurchgang haben wir ganz gute Ergebnisse geliefert, denke ich. Jetzt in der Meistergruppe kann ich natürlich nicht zufrieden sein nach Niederlagen gegen Austria (1:2), Salzburg (1:4) und Graz (0:2). In einer Saison geht es halt nicht immer nur aufwärts. Jetzt fehlen zudem vier, fünf Stammspieler, und das macht sich in der Meistergruppe gleich noch viel stärker bemerkbar, weil wir jetzt nur noch gegen Spitzenmannschaften spielen.
Halten Sie den Modus, die Liga nach 22 Runden in zwei Gruppen aufzuteilen, eigentlich für sinnvoll?
Es wird dazu immer unterschiedliche Perspektiven geben. Ich glaube aber, der Modus ergibt schon Sinn, weil man sich in der Bundesliga auch an die Bedürfnisse der Fans anpassen muss. Da ist eine ganz andere Spannung drin, wenn schon ab Februar und März Partien mit Endspiel-Charakter anstehen! Für uns Fußballer ist es aber so: Hast du einen schlechten Grunddurchgang gehabt, ist der Modus mit der Punktehalbierung gut für dich. Warst du gut, ist er schlecht – aber das ist eine egoistische Sichtweise, weil wir diesmal benachteiligt sind.
In Österreich führt kein Weg an Salzburg vorbei, egal ob in der Liga oder im Cup. Es erinnert in gewisser Weise an Bayern München, die am Ende immer gewinnen. Oder?
Also der Vergleich mit Bayern stimmt nur bedingt. Denn der Abstand zwischen Salzburg und allen anderen Bundesliga-Klubs ist ein Vielfaches von dem, wie er in Deutschland von Bayern zu allen anderen festzustellen ist. Wirklich! Salzburg ist weit weg, diese Lücke ist nicht zu füllen. Das sind keine Welten, da liegen Galaxien dazwischen. Nur, was heißt das für den Rest, für uns? Zuerst einmal in der Meistergruppe dabei zu sein, und dann einen Qualifikationsplatz für das internationale Geschäft zu ergattern. Das ist es. Und jeder, der davon träumt – mit einem Minimum an Budget –, Salzburg angreifen zu wollen, verliert. Da muss schon eine gewisse Demut mitspielen. WAC ist in der Meistergruppe und hat die Chance, sich zu behaupten.
Und Salzburg?
Solang Dietrich Mateschitz dahintersteht, wird sich dort nichts verändern.
WAC trifft heute auf Rapid, was erwarten Sie sich von dieser Partie? Für Ihre Spieler ist es zudem ein Wiedersehen mit Ex-Trainer Ferdinand Feldhofer.
Wir haben wie gesagt ein paar Ausfälle, unser Stammduo im Angriff fehlt. Auch ein paar weitere wichtige Spieler sind nicht dabei. Es wird trotzdem ein Spiel auf Augenhöhe, vor guter Stimmung. Und Feldhofer? Ich bewerte seine Arbeit als positiv, ohne die Arbeit von Didi Kühbauer damit negativ bewertet wissen zu wollen. (lacht) Jeder Trainer hat seine eigene Handschrift.
Hat er aber einen Vorteil, weil er alles beim WAC kennt, auch die Spieler? Robin Dutt
*24. Jänner 1965 in Köln-Lindenthal. Er war Fußballer bei Bezirksklubs, betreute aber Topvereine wie Freiburg, Leverkusen oder Werder Bremen. Er war 2013 Sportdirektor beim DFB.
WAC
Seit Sommer 2021 ist er WAC-Trainer. Heute, 14.30 Uhr (live in Sky) ist Rapid der Gegner.
Meine Assistenztrainer kennen Ferdl Feldhofer in- und auswendig. Es gibt keine Geheimnisse.
Welche Rolle spielt Michael Liendl für Sie? Typen wie ihm muss man als Trainer gesondert Freiraum geben, oder?
Unbedingt! Er spielt eine sehr wichtige Rolle, ist eine außergewöhnliche Persönlichkeit – mit einer überragenden Rolle in unserem Offensivspiel.
Wenn Sie von Rollenverteilungen sprechen und Außergewöhnlichem: Wie sehen Sie die Lage rund um den ÖFB und die akute Teamchef-Frage? Wäre so ein Theater denn auch in Deutschland möglich?
Wir Deutschen können viel Wirbel um das DFB-Team machen, bei uns gibt es auch mehr Experten, die ihren Senf dazu abgeben. Ich werde aber weder dem Verband Ratschläge geben noch Kollegen bewerten. Schon gar nicht im negativen Sinn, denn Franco Foda hat einen sehr guten Punkteschnitt. Der ÖFB hatte immer interessante Teamchefs, Österreichs Fußball ist einen guten Weg gegangen. Dass sich jetzt so viele melden, gehört zum Geschäft. Das Nationalteam ist halt die wichtigste Mannschaft, und da sind mehr Emotionen dahinter, als wenn WAC den Trainer wechselt. (lacht ) Aber das muss man auch aushalten können!
ZAHL DER WOCHE
7 Millionen Euro
Diego Maradonas Trikot, das er bei der WM 1986 im Spiel gegen England als „Hand Gottes“trug, wird versteigert. Laut Sotheby’s soll es 7 Millionen Euro erzielen. Die OnlineAuktion beginnt am 20. April. Maradona (†2020) hatte das Shirt Steve Hodge geschenkt, der es dem Museum of Manchester als Leihgabe anvertraute.
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