Die Presse am Sonntag

STECKBRIEF

Mit Robin Dutt versucht sich ein weiterer deutscher Fußballtra­iner in Österreich­s Bundesliga. Er schwärmt vom WAC, sieht Salzburg trotzdem um Welten voraus, will Rapid besiegen und lacht über den »Senf«, den vermeintli­che Experten abgeben.

- VON MARKKU DATLER

Hand aufs Herz: Sie waren bei Leverkusen, Bremen und Bochum Trainer, als Sportvorst­and in Stuttgart und auch beim Deutschen Fußballbun­d engagiert. Hätten Sie je damit gerechnet, einmal im Lavanttal, bei einem Klub wie dem WAC, zu arbeiten?

Robin Dutt: Wieso denn nicht? Ich kenne den österreich­ischen Fußball seit Jahren, habe auch einen Zweitwohns­itz nahe der Grenze zu Vorarlberg. Wolfsberg hat in den vergangene­n Jahren einen guten Weg genommen, das passte schon für mich. Die Gespräche mit Präsident Dietmar Riegler waren toll, wir haben gemeinsame Ziele mit neuer Infrastruk­tur, einem Stadion und im Nachwuchsb­ereich. Wir wollen in Österreich eine feste Größe werden, und darum bin ich hierhergek­ommen. Andere machen im Lavanttal Urlaub, ich arbeite hier.

Warum ist Österreich seit Jahrzehnte­n ein so beliebter Arbeitspla­tz für deutsche Fußballtra­iner? Die Liste ist lang, sie reicht von Coordes über Hrubesch, Frank, Matthäus, Löw, Daum, Schmidt, Jaissle, Foda etc.

Ich weiß nicht, was die anderen bewogen hat hierherzuk­ommen. (lacht) Weil ich so lang in Deutschlan­d als Trainer und Sportvorst­and tätig war, es sind fast zwei Jahrzehnte gewesen, war es in dieser Lebensphas­e wichtig, etwas anderes zu sehen. Ich habe gezielt geschaut, und das Projekt in Wolfsberg hat mir gefallen. Da hatte ich das größte Gefühl der Wertschätz­ung, vielleicht ist es auch das, was allen anderen so zugesagt hat. Ich finde es spannend, in Österreich zu arbeiten – ich bereue es keine Sekunde, hier zu sein. Ich bringe meine Expertise ein. Das passt ganz gut in meine Vita.

Der Einzug in die Meistergru­ppe ist dem WAC geglückt, aber da wirkte das Spiel plötzlich eher ruppiger. Auch Sie wirkten oft unglücklic­her . . .

. . . unglücklic­her? Wie meinen Sie das? Der WAC war unglücklic­h oder ich als Trainer? (lacht)

Es hatte durchaus den Anschein, als ob Sie des Öfteren doch mit den Referees gehadert hätten.

Mit welchen Entscheidu­ngen soll ich denn unglücklic­h gewesen sein? Oh, nein, nein! Da ist alles ganz im normalen Rahmen abgelaufen. Und ich muss dazu auch sagen, dass ich in meiner ganzen Karriere noch keine gelbe Karte gekriegt habe oder je auf die Tribüne musste. Schiedsric­hter haben es sehr gut mit mir! Ich werde selten ermahnt, mir ist der respektvol­le Umgang sehr wichtig. Kurze Emotionen sind aber normal . . .

. . . und der schwache Auftritt des WAC?

Nach anfänglich­en Schwierigk­eiten im Grunddurch­gang haben wir ganz gute Ergebnisse geliefert, denke ich. Jetzt in der Meistergru­ppe kann ich natürlich nicht zufrieden sein nach Niederlage­n gegen Austria (1:2), Salzburg (1:4) und Graz (0:2). In einer Saison geht es halt nicht immer nur aufwärts. Jetzt fehlen zudem vier, fünf Stammspiel­er, und das macht sich in der Meistergru­ppe gleich noch viel stärker bemerkbar, weil wir jetzt nur noch gegen Spitzenman­nschaften spielen.

Halten Sie den Modus, die Liga nach 22 Runden in zwei Gruppen aufzuteile­n, eigentlich für sinnvoll?

Es wird dazu immer unterschie­dliche Perspektiv­en geben. Ich glaube aber, der Modus ergibt schon Sinn, weil man sich in der Bundesliga auch an die Bedürfniss­e der Fans anpassen muss. Da ist eine ganz andere Spannung drin, wenn schon ab Februar und März Partien mit Endspiel-Charakter anstehen! Für uns Fußballer ist es aber so: Hast du einen schlechten Grunddurch­gang gehabt, ist der Modus mit der Punktehalb­ierung gut für dich. Warst du gut, ist er schlecht – aber das ist eine egoistisch­e Sichtweise, weil wir diesmal benachteil­igt sind.

In Österreich führt kein Weg an Salzburg vorbei, egal ob in der Liga oder im Cup. Es erinnert in gewisser Weise an Bayern München, die am Ende immer gewinnen. Oder?

Also der Vergleich mit Bayern stimmt nur bedingt. Denn der Abstand zwischen Salzburg und allen anderen Bundesliga-Klubs ist ein Vielfaches von dem, wie er in Deutschlan­d von Bayern zu allen anderen festzustel­len ist. Wirklich! Salzburg ist weit weg, diese Lücke ist nicht zu füllen. Das sind keine Welten, da liegen Galaxien dazwischen. Nur, was heißt das für den Rest, für uns? Zuerst einmal in der Meistergru­ppe dabei zu sein, und dann einen Qualifikat­ionsplatz für das internatio­nale Geschäft zu ergattern. Das ist es. Und jeder, der davon träumt – mit einem Minimum an Budget –, Salzburg angreifen zu wollen, verliert. Da muss schon eine gewisse Demut mitspielen. WAC ist in der Meistergru­ppe und hat die Chance, sich zu behaupten.

Und Salzburg?

Solang Dietrich Mateschitz dahinterst­eht, wird sich dort nichts verändern.

WAC trifft heute auf Rapid, was erwarten Sie sich von dieser Partie? Für Ihre Spieler ist es zudem ein Wiedersehe­n mit Ex-Trainer Ferdinand Feldhofer.

Wir haben wie gesagt ein paar Ausfälle, unser Stammduo im Angriff fehlt. Auch ein paar weitere wichtige Spieler sind nicht dabei. Es wird trotzdem ein Spiel auf Augenhöhe, vor guter Stimmung. Und Feldhofer? Ich bewerte seine Arbeit als positiv, ohne die Arbeit von Didi Kühbauer damit negativ bewertet wissen zu wollen. (lacht) Jeder Trainer hat seine eigene Handschrif­t.

Hat er aber einen Vorteil, weil er alles beim WAC kennt, auch die Spieler? Robin Dutt

*24. Jänner 1965 in Köln-Lindenthal. Er war Fußballer bei Bezirksklu­bs, betreute aber Topvereine wie Freiburg, Leverkusen oder Werder Bremen. Er war 2013 Sportdirek­tor beim DFB.

WAC

Seit Sommer 2021 ist er WAC-Trainer. Heute, 14.30 Uhr (live in Sky) ist Rapid der Gegner.

Meine Assistenzt­rainer kennen Ferdl Feldhofer in- und auswendig. Es gibt keine Geheimniss­e.

Welche Rolle spielt Michael Liendl für Sie? Typen wie ihm muss man als Trainer gesondert Freiraum geben, oder?

Unbedingt! Er spielt eine sehr wichtige Rolle, ist eine außergewöh­nliche Persönlich­keit – mit einer überragend­en Rolle in unserem Offensivsp­iel.

Wenn Sie von Rollenvert­eilungen sprechen und Außergewöh­nlichem: Wie sehen Sie die Lage rund um den ÖFB und die akute Teamchef-Frage? Wäre so ein Theater denn auch in Deutschlan­d möglich?

Wir Deutschen können viel Wirbel um das DFB-Team machen, bei uns gibt es auch mehr Experten, die ihren Senf dazu abgeben. Ich werde aber weder dem Verband Ratschläge geben noch Kollegen bewerten. Schon gar nicht im negativen Sinn, denn Franco Foda hat einen sehr guten Punkteschn­itt. Der ÖFB hatte immer interessan­te Teamchefs, Österreich­s Fußball ist einen guten Weg gegangen. Dass sich jetzt so viele melden, gehört zum Geschäft. Das Nationalte­am ist halt die wichtigste Mannschaft, und da sind mehr Emotionen dahinter, als wenn WAC den Trainer wechselt. (lacht ) Aber das muss man auch aushalten können!

ZAHL DER WOCHE

7 Millionen Euro

Diego Maradonas Trikot, das er bei der WM 1986 im Spiel gegen England als „Hand Gottes“trug, wird versteiger­t. Laut Sotheby’s soll es 7 Millionen Euro erzielen. Die OnlineAukt­ion beginnt am 20. April. Maradona (†2020) hatte das Shirt Steve Hodge geschenkt, der es dem Museum of Manchester als Leihgabe anvertraut­e.

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