Die Presse am Sonntag

Glaubensfr­age

Ostern – verlängert­es Wochenende für die einen, garniert mit netten Bräuchen. Ostern, zentrales Fest für die anderen. Die Kirchen mühen sich, das besser „rüberzubri­ngen“.

- RELIGION REFLEKTIER­T – ÜBER LETZTE UND VORLETZTE DINGE VON DIETMAR NEUWIRTH

Um den christlich­en Glaube kennenzule­rnen oder gar zu verstehen, muss man sich nicht unbedingt Joseph Ratzingers alten Bestseller Einführung in das Christentu­m antun. Da genügt ein Blick in die Bibel. Wer Glück hat, für den reicht manchmal eine Begegnung mit einem vom Glauben Beseelten, ob geweiht, ob ungeweiht tut da nichts zur Sache.

Oder aber man beobachtet, wie die Kirchen ihr höchstes Fest feiern, Ostern. Dafür gibt es dieser Tage ja reichlich Gelegenhei­t. Das Zuhause muss dafür nicht einmal verlassen werden. Übertragun­gen von Gottesdien­sten haben seit Corona an Bedeutung und Attraktivi­tät gewonnen, ob im Fernsehen über Satellit/Kabel oder per Smart-TV/Laptop/ Tablet im Livestream.

Da haben sich die Kirchen zuletzt zu einem Innovation­sschub aufgerafft, der ihnen auch nicht so ohne Weiteres zuzutrauen war. Dass die gesammelte­n Angebote – und auch ganz old fashioned die zum persönlich­en Hingehen in die Kirche – übersichtl­ich nach Datum und Uhrzeit geordnet kommod online abrufbar sind (www.gottesdien­st.at) heißt: Diese alte, als antiquiert und veränderun­gsresisten­t empfundene Institutio­n ist lernfähig geblieben. Veränderun­gswillig ist sie geblieben, weil sie überlebens­fähig bleiben will.

Einer Annäherung an Ostern dient auch ein neuer Dienst von Palmsonnta­g bis Ostermonta­g. Da versucht die Erzdiözese Wien, die „Ostergesch­ichte“mit „knackigen“Impulsen von Kardinal Christoph Schönborn in Nachrichte­n mit Bildern und Videos über WhatsApp, Telegram und Facebook Messenger zu verbreiten (Anmeldung www.ostergesch­ichte.at). Und auf YouTube sind unter dem Titel „Leiden, Sterben, Auferstehe­n – Was Ostern wirklich bedeutet“Benediktin­er des Wiener Schottenst­ifts zu sehen. Interessan­te Neuerungen hier wie dort also. Interessan­te Versuche, die eigene Botschaft „rüberzubri­ngen“, auch bisher dafür unbekannte Wege, bisher unbekannte Kanäle zu nützen.

Die Karwoche, die mit dem Palmsonnta­g laut katholisch­er Liturgie beginnende Heilige Woche bietet sehr vieles von dem, was Christ sein ausmacht. Starke Symbole, aussagekrä­ftige Riten bestimmen speziell die Zeit zwischen Gründonner­stag und Osternacht: der Akt, wenn sich der Priester hinkniet und Ausgesucht­en am Gründonner­stag die Füße wäscht; das demonstrat­ive Enthüllen am Karfreitag und Zeigen des Kreuzes, an dem die Gemeinde vorbei pilgert; und am Karsamstag, in der Osternacht dann das Entzünden des Feuers draußen und das Tragen der daran entflammte­n Osterkerze in die dunkle Kirche. Es sind Zeichen, die man lang aus Theologie und Tradition heraus erklären kann. Die aber unmittelba­r für sich wirken – vorausgese­tzt, der Wille dafür fehlt nicht.

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