Das Bio-Osterei aus der Stadt
Familie Sandbichler betreibt mit dem Prentlhof in Unterlaa im zehnten Wiener Bezirk einen Biobauernhof und hält mit rund 700 Hühnern die größte Hühnerfarm der Stadt.
An die Stadt denkt man hier nur bedingt. Viele Grünflächen, dörfliche Strukturen, ein Radfahrer fährt gemütlich dahin – offensichtlich weniger, um Sport zu machen, sondern vielmehr, um von A nach B zu kommen –, und die Vögel zwitschern. Natürlich ist dieses Grätzel in Unterlaa im zehnten Wiener Gemeindebezirk am Rande der Stadt, aber eben noch immer in der Stadt.
Hier befindet sich, in der Klederinger Straße, ein schmuckes Barockhäuschen, an dessen Mauer lediglich ein Schild mit dem Aufdruck „Schule am Bauernhof“darauf hindeutet, dass hier Landwirtschaft betrieben wird. Markus Sandbichler und Katharina Sandbichler-Mühlparzer betreiben hier in mittlerweile sechster Generation den Prentlhof, wenn auch ein bisschen anders als die Generationen davor.
„Oberlaa, Unterlaa und Rothneusiedl waren ja früher niederösterreichische Gemeinden und wurden erst nach dem Krieg eingemeindet“, sagt Markus Sandbichler im Inneren des Hofs. Die dörfliche Struktur sei erhalten geblieben, auch wenn die Zahl der Landwirte zurückgegangen sei. Heute gibt es 20 Bauernhöfe in den drei ehemaligen Gemeinden. Seine Familie hat sich 1832 hier angesiedelt. Das Barockhaus stammt aus dem Jahr 1720 und hat einst den Maltesern gehört. „Das war ein Jagdschloss von Maria Theresia, ganz Unterlaa hat ja einmal den Maltesern gehört. Sie haben das Barockhaus an meine Vorfahren verkauft, die damals noch Prentl geheißen haben.“
Einziges Biokürbiskernöl Wiens. Seine Eltern haben hier noch Schweine gehalten, worauf noch der runde Kreis im Hof – die Spuren eines Silos, der mittlerweile entfernt und asphaltiert wurde – hindeutet. Sandbichler hat den Biohof 2007 übernommen. Heute hat der Prentlhof mehrere Standbeine. Auf 67 Hektar wird Bio-Ackerbau betrieben. Zuckerrüben, Sonnenblumen und Soja werden vor allem angebaut, aber auch Ölkürbisse. „Wir produzieren das einzige Biokürbiskernöl in Wien.“
Außerdem haben auf dem Hof ein paar Pferde Platz, die in Kooperation mit Reitlehrerinnen für reitpädagogische Zwecke genutzt werden. Auch Schulklassen sind hier – im Zuge des Projekts „Schule am Bauernhof“– regelmäßig zu Besuch. Vor der Pandemie waren jedes Jahr rund 200 Schulklassen zu Gast. Zu Beginn der Pandemie sei dieser Bereich eingebrochen, mittlerweile liege man bei rund 30 Prozent. Einfach sei das nicht, weil er dafür qualifiziertes Personal brauche, das er aber während der Lockdowns nicht behalten konnte, erklärt der Landwirt. Von März bis zur letzten Schulwoche – „da wollten alle kommen“– und von Mitte September bis zum Nationalfeiertag haben die schulischen Besuche Saison.
Ein weiterer Bereich, der für die Stadt ebenso untypisch ist, sind die vielen Hühner, die hier auf dem Hof leben. Sandbichler führt an das andere Ende des Innenhofs, durch einen alten Stall, in dem gerade der Hufschmied dabei ist, die Hufeisen eines der Pferde zu erneuern (was diesem weniger gefällt). Über eine kleine Gasse geht es zu den Flächen, auf denen die Tiere leben. Linkerhand haben vier Pferde Platz, rechts daneben steht der mobile Hühnerstall mit Auslauf für die Tiere.
Wobei sich die Hühner derzeit noch im Winterquartier befinden, der Auslauf ist überdacht. Die Behörden haben das vorgeschrieben, wegen der Gefahr der Geflügelpest. Schon bald aber werden sie das Sommerquartier beziehen.
Vor dem Gehege befindet sich eine kleine Hütte, in der frische Eier und andere Produkte (auch von Partnerbetrieben) in Automaten verkauft werden. Das sei irgendwann notwendig gewesen, erklärt Katharina Sandbichler-Mühlparzer. Zu oft hätten Kundinnen am Hoftor geklingelt, um eine Packung Eier zu kaufen.
Seit 2019 hält das Paar Hühner. Zuvor gab es lediglich ein paar für den Eigenbedarf – und die Kundinnen aus der Umgebung, die stets danach gefragt hätten. Heute leben hier rund 700 Hühner der Rasse Lohmann Brown, die mit 18 Wochen auf den Hof kommen. „Mit 20, 21 Wochen beginnen sie Eier zu legen, dann leben sie rund ein Jahr bei uns“, sagt Sandbichler. An die 300 Eier legt ein Huhn dieser Rasse pro Jahr. Sind die Hühner rund 18 Monate bis zwei Jahre alt, ist die Sache nicht mehr wirtschaftlich. Dann werden sie von einem Partnerbetrieb geschlachtet
AUF EINEN BLICK
Familie Sandbichler führt den Prentlhof in Unterlaa im zehnten Wiener Bezirk bereits in sechster Generation. Neben Bio-Ackerbau auf rund 67 ha, Schule auf dem Bauernhof und reitpädagogischen Kooperationen halten Markus Sandbichler und Katharina Sandbichler-Mühlparzer rund 700 Biohühner auf einer großen Weide mit mobilem Hühnerstall. Die Eier werden ebenso wie Nudeln, Kürbiskern- und Sonnenblumenöl ab Hof (in Automaten) verkauft, genauso Produkte (Gewürze, Öle, Hülsenfrüchte, Honig, Erdäpfel) von Partnerbetrieben. Auch Suppenhühner werden ab Hof verkauft.
Hofladen mit Automaten: Scheunenstraße 11, 1100 Wien (rund um die Uhr), www.prentlhof.at und am Prentlhof als Suppenhühner verkauft. Auch Brathühner werden hier ab Hof verkauft, allerdings stammen sie von einem Partnerbetrieb.
„Wir haben die teuerste Hühnerhaltung, die es gibt: Bio mit sehr viel Auslauf und einem mobilen Stall und dann noch in Wien“, sagt Sandbichler. Ihm sei es aber wichtig, dass die Landwirtschaft in der Stadt erhalten bleibe, auch wenn es nicht immer einfach sei. Denn es gibt zwar viele Passanten mit Kindern, die gern „Tiere schauen“gehen, aber es gibt eben auch Anrainer, die ihm Probleme machen, weil etwa ein Hahn laut kräht. „Wir haben jetzt keine Hähne mehr oder besser gesagt nur noch einen, der sich hierher verirrt hat. Wobei das Krähen des Hahns hier ein durchaus ortsübliches Geräusch wäre“, sagt Sandbichler. Aber er wolle keine Hähne mehr halten; sie fressen das Doppelte, legen keine Eier und machen sich bei den Nachbarn nicht gerade beliebt.
Der Prentlhof wird in sechster Generation geführt. Früher gab es hier viel mehr Bauern.
Familiennester fürs Tierwohl. Wenn die beiden über ihren Betrieb erzählen, wird deutlich, dass es ein schmaler Grat ist, die Tiere so zu halten, wie sie es für richtig halten – nämlich so, dass es den Tieren gut geht –, aber auch so zu kalkulieren, dass sie davon leben können. 50 Cent kostet deshalb ein Bio-Ei aus der Stadt.
Katharina Sandbichler-Mühlparzer führt zum mobilen Hühnerstall, um besser zu erklären, wie die Tiere leben. Eine Henne beginnt plötzlich, laut zu gackern. „Ah, die hat gerade ein Ei gelegt, ist sichtlich stolz darauf und will, dass es alle anderen auch wissen“, sagt sie. Die beiden gehen an die Rückseite des mobilen Stalls und öffnen eine Klappe, wodurch die Familiennester, wie sie genannt werden, sichtbar werden, in denen die Hennen ihre Eier legen können. „Wir wollten bewusst keine Abrollnester, wie sie üblich sind, bei denen die Eier auf ein Band fallen und weg sind. Ein Familiennest erhöht das Tierwohl“, sagt sie, schnappt sich ein Huhn und posiert für den Fotografen.
Die Hühner sind offenbar an die beiden gewöhnt. Sie machen keine Anstalten, der Umarmung zu entkommen. Ja, die Tiere kennen sie gut, bestätigt Sandbichler-Mühlparzer. Kommen die Hühner frisch auf den Hof, ist sie es, die ihnen zeigt, wo welche Bereiche im
Stall genutzt werden sollen: