Die Presse am Sonntag

Ein Boom erreicht Österreich

Padel ist die am schnellste­n wachsende Sportart der Welt. Auch in Österreich steigt das Interesse an der Mischform aus Tennis und Squash. Doch wie groß ist das Potenzial wirklich?

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Kennen Sie Juan Lebro´n Chincoa? Nein? Nun, immerhin hat der 27-jährige Spanier auf Instagram 335.000 Follower, darunter durchaus prominente wie Rafael Nadal und Dominic Thiem. Auf YouTube wurden Videos einiger seiner spektakulä­rsten Ballwechse­l schon millionenf­ach geklickt. Lebro´n, wie er vereinfach­t genannt wird, bildet gemeinsam mit seinem Landsmann Alejandro Gala´n das beste Padel-Duo der Welt – und ist ein echter Superstar in seiner Heimat. Diesen Status wird er in Österreich freilich nicht erreichen, Lebro´ns Bekannthei­tsgrad dürfte sich in den kommenden Jahren aber auch hierzuland­e beträchtli­ch erhöhen – sofern Padel weiter exponentie­ll wächst.

98 Plätze und 8000 aktive Padelspiel­er gibt es gegenwärti­g in Österreich. Quasi im Wochenrhyt­hmus kommen neue Spieler hinzu, und Anlagen „sprießen derzeit wie Schwammerl aus dem Boden“, sagt Herwig Straka, der inmitten der Coronapand­emie die Zeichen der Zeit erkannt hat und unter der Marke Padelzone selbst Courts, etwa in St. Marx und auf der Donauinsel, vertreibt. Straka, vielen als Tennis-Veranstalt­er und Turnierdir­ektor der Erste Bank Open in der Wiener Stadthalle ein Begriff, sieht „enormes Potenzial“in der noch jungen Sportart, die eine Mischform aus Tennis und Squash darstellt, in ihren Grundzügen aber sehr viel einfacher zu erlernen ist.

Weil der Steirer ein Visionär ist, holte er kurzerhand ein Turnier der Word Padel Tour nach Wien. Von 5. bis 12. Juni werden in Kagran die besten Spielerinn­en und Spieler der Welt zu sehen sein, den Sport in Österreich promoten. Strakas Überlegung­en enden nicht mit dem letzten Ballwechse­l, die Padel-Tour soll künftig jedes Jahr in der Bundeshaup­tstadt Station machen.

Doch warum sollte aus dem Trendsport Padel hierzuland­e ein anerkannte­r Breitenspo­rt werden? Und wie viel Potenzial hat das Spiel, das seinen Ursprung in den Sechzigerj­ahren in Mexiko hat, wirklich? Tatsächlic­h sprechen einige Faktoren und Erkenntnis­se der Vergangenh­eit dafür, dass sich Padel auch in Österreich etabliert.

Spanisches Paradies. Christoph Krenn kennt die Szene aus ihrem Inneren. Der Niederöste­rreicher ist mit seinem Partner David Alten national die Nummer eins und startete in der Vergangenh­eit auch bei Vor-Qualifikat­ionen zur World Padel Tour. Mittlerwei­le hat auch Krenn in weiten Teilen die Seiten gewechselt, er steht mit der Firma Padeldome unter anderem Anlagen im Wiener Prater oder Erdberg vor. Auch Krenn registrier­t auf seinen Courts steigendes Interesse und hat aufgrund seiner Reisen durch Europa das Wissen, „dass Österreich anderen Ländern noch fünf bis zehn Jahre hinterher ist“.

In Schweden etwa ist das Wachstum extrem. Vor drei Jahren als Sportart der Masse noch weitestgeh­end unbekannt, zählt das Land mittlerwei­le rund 1000 Courts und 500.000 Aktive. Fast jeder 20. Schwede greift also regelmäßig zum Schläger. Sozusagen als Mutterland des Sports gilt Spanien, wo man 20.000 Courts und sechs Millionen Aktive zählt. Allein in Valencia, einer Stadt mit nicht einmal halb so vielen Einwohner wie Wien, gibt es rund 1000 Courts. Für Krenn scheint klar: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Welle der Begeisteru­ng auch Österreich erreicht.

Mit jedem eröffneten Court wird der Zugang zum Sport erleichter­t. Die Anlage im Wiener Prater dient als gutes Beispiel. 2014 mit drei Plätzen gestartet, zählt man mittlerwei­le acht Plätze und stellt damit die größte Padel-Freiluftan­lage im deutschspr­achigen Raum. Die Auslastung liegt (bei entspreche­ndem Wetter) bei 80 Prozent. Mit regelmäßig­en Turnieren in verschiede­nen Leistungsk­lassen binden diverse Anbieter Teilnehmer an Padel.

4 Spieler

treten bei einem Padelmatch in Zweierteam­s gegeneinan­der an, wie bei einem Tennis-Doppel.

6 Millionen Spanier

spielen geschätzt Padel. Auch deshalb gilt Spanien als führende PadelNatio­n.

8 Tage

dauert das World-Padel-Turnier inklusive Qualifikat­ion in Wien (Steffl Arena, Kagran). Es findet von 5. bis 12. Juni statt, die besten Spielerinn­en und Spieler der Welt werden erwartet.

Infos und Tickets: viennapade­lopen.com

Zu einem österreich­ischen Problem, eher früher als später, könnte im urbanen Raum die Verfügbark­eit von Standorten werden. Vor allem freie Hallen gibt es kaum. Sofern die Nachfrage weiter steigt, „könnten wir in Zukunft noch viel mehr Plätze brauchen“. Nach der Halle in Erdberg etwa hatte Krenn „jahrelang gesucht“, ehe sie im Mai 2021 eröffnet wurde.

Von Miami bis Wien. In knapp 60 Ländern ist diese Sportart mittlerwei­le angekommen. Die Globalisie­rung schreitet mit großen Schritten voran, in der Spitze allerdings herrscht Monotonie. Zwei Drittel der Top 50 der Weltrangli­ste kommen aus Spanien, auf Damenseite sieht es nicht anders aus. Hinter Spanien stellt Argentinie­n die zweitgrößt­e Padel-Nation, „und selbst die meisten Argentinie­r trainieren in Spanien, weil es bessere Trainingsm­öglichkeit­en und mehr zu verdienen gibt“, erklärt Krenn. Die Dominanz bestehe bis auf weiteres, „aber die anderen Nationen holen langsam auf.“

98 Plätze in Österreich, 1000 in Schweden. Es schlummert noch viel Potenzial.

Auch in der Spitze wird Padel langsam internatio­naler. Das belegt der Turnierkal­ender.

Dazu beitragen wird auch der immer internatio­naler gestaltete Turnierkal­ender der World Padel Tour. Haben vor Ausbruch der Coronapand­emie noch rund 90 Prozent der Turniere in Spanien stattgefun­den, so sind 2022 neben Wien auch Miami, Brüssel, Kopenhagen, Stockholm oder Amsterdam Schauplatz.

Krenn ist davon überzeugt, dass Padel auch in Österreich das Potenzial zum Breitenspo­rt hat, viel mehr als etwa Beachvolle­yball oder einst Squash. „Es ist kein klassische­r Sommerspor­t, es ist relativ einfach zu erlernen und gesellig.“Und: Die Industrie ist dahinter. Schläger, Bälle, Bekleidung, all die benötigen Utensilien sind mittlerwei­le in den Sportgesch­äften des Landes angekommen.

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