Die Presse am Sonntag

Liebesgebo­t für Zwiderwurz­en

- THOMAS KRAMAR

Sorry: „There’s So Many People That Want To Be Loved“. Das Gebot „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“sei „undurchfüh­rbar“, schrieb Sigmund Freud in „Unbehagen in der Kultur“: „Eine so großartige Inflation der Liebe kann nur deren Wert herabsetze­n, nicht die Not beseitigen.“Das ist im Grunde das Thema dieses Songs: Mit mädchenhaf­ter, unaffektie­rter Stimme stellt die Sängerin erst zur schlichten Gitarre das Dilemma dar, im Refrain wird sie deutlicher, beschreibt die angeblich Liebenswer­ten, die komische Socken tragen, einsam wie Astronaute­n dreinschau­en, im Club herumstehe­n, mit ihren Hunden auf Friedhöfen spazieren . . . Indessen klopft das Schlagzeug unwirsch, die E-Gitarre streut Bosheiten ein, ein Keyboard nervt, eine Geige heuchelt Mitgefühl. Am Ende bricht der Song abrupt ein, man hört noch die Sängerin, wie sie offenbar ihrem Lebensgefä­hrten erklärt, dass er ihr auch auf die Nerven geht. Oder so. Nett.

Den Song der Woche

küren allwöchent­lich Thomas Kramar („Die Presse“) und Christoph Sepin (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoc­he und fm4.ORF.at.

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