Die Presse am Sonntag

Walk of Häme

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Gleich nach dem russischen Überfall auf die Ukraine gab es ja da in Österreich einen in Politikerr­eden und Kommentare­n viel gebrauchte­n Vergleich, um die Unmittelba­rkeit dieses Kriegs möglichst plastisch zu machen: Von Wien aus sei die Ukraine näher als Bregenz (was Google Maps übrigens so nicht wirklich bestätigt, die unglaublic­he Nähe der Ukraine allerdings schon).

Die Ereignisse der vergangene­n Woche haben aber eher die Einschätzu­ng gestützt, Vorarlberg sei doch um einiges näher am Rest von Österreich dran als gedacht. Das westlichst­e Bundesland vermittelt­e bisher den Eindruck, es stehe hinter dem Arlbergtun­nel quasi mit dem Rücken zum restlichen Bundesgebi­et, den Blick fest auf die Schweiz gerichtet. Nüchtern, korrekt, unbestechl­ich.

Schon die Übersiedlu­ng des neuen Gesundheit­sministers aus Vorarlberg nach Wien hat den Mythos beschädigt, die Politik ganz im Westen sei in den Zaubertran­k namens Profession­alität gefallen. Johannes Rauch konnte keine Wunder bewirken. Die Machenscha­ften der ÖVP und ihrer Teilorgani­sation Wirtschaft­sbund lassen Vorarlberg nun wieder als ganz normales Bundesland erscheinen. Der immer noch recht neue Bundeskanz­ler und ÖVP-Chef hat da jedenfalls keine ganz leichte Lage (um ein schönes Wort aus dem Repertoire des ehemaligen Milizoffiz­iers zu verwenden) übernommen. Karl Nehammer ist wahrhaftig nicht zu beneiden.

Überhaupt muss man wirklich froh sein, dass aktuell keine Wahlen zum Nationalra­t anstehen: Wem sollte man zwischen den Pandemieve­rnudlern, Putin-Verstehern, Parteikass­enfüllern,

Postenscha­cherern und Parallelwe­ltenbewohn­ern eigentlich guten Gewissens seine Stimme geben können?

Die Pandemie jedenfalls soll jetzt also vorüber sein – quasi per Dekret. Wir nehmen das zur Kenntnis, vergessen unsere Masken zu Hause, stehen dann unschlüssi­g vor Supermärkt­en und Apotheken (gehen Sie einmal ohne Maske in eine Apotheke, um eine Maske zu kaufen) und tun so, als wäre nichts. Als eine Art Osterwunde­r verlängert­e sich die Gültigkeit des Impfnachwe­ises im Grünen Pass, den keiner mehr sehen will, gleich um ein paar Monate. So einfach ist das mit der Immunität. So viel ist sicher: Bis zum Herbst kümmert das niemanden mehr. Zwischen Wien und Bregenz.

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