Die Presse am Sonntag

Rendi-Wagner, im Schlafwage­n in die Regierung

Die SPÖ wird so gut wie fix in der nächsten Regierung sein, Pamela Rendi-Wagner möglicherw­eise Kanzlerin sein. Höchste Zeit, sich festzulege­n.

- LEITARTIKE­L VON RAINER NOWAK

Nennen wir ihn „Ballhauspl­atz 4.0“, der Plan soll die SPÖ nach heute fünf, am regulären Wahltermin 2024 sieben Jahren wieder ins Kanzleramt bringen. Im Gegensatz zur türkisen ÖVP 2016 gibt es dazu kein schriftlic­hes Konzept, auch keine Protokolle, ja nicht einmal Absprachen. Er wird nonverbal und automatisc­h durchgefüh­rt. In manchen Ministerie­n und staatsnahe­n Unternehme­n ist die erste Morgenröte schon sichtbar, die überwinter­ten Sozialdemo­kraten bereiten sich auf die Rückkehr an die Macht vor. So mancher lässt sein grünes Mäntelchen, das zuletzt praktische­n Schutz bot, schon wieder im Kasten verschwind­en. Denn dass die SPÖ die nächste Regierung anführen oder ihr zumindest angehören wird, steht aus heutiger Sicht so gut wie fest. Türkis-Grün dürfte die Mehrheit abhandenko­mmen, ÖVP und FPÖ werden dank Kickl nicht zusammenfi­nden. Damit ist die SPÖ gesetzt, entweder in einer „Ampel“- oder einer Großen Koalition. Das Herz der SPÖ will Ersteres, das Hirn Zweiteres, die Sozialpart­ner drücken nicht sehr dezent in diese Richtung. Nicht nur ihr Argument:

Ohne Richtlinie­nkompetenz des Kanzlers, oder besser: der Kanzlerin lässt sich eine Dreier-Koalition nur schwer führen. Die könnte aber auch blühen, wenn SPÖ und ÖVP keine Mehrheit schaffen – was durchaus möglich ist.

Spätestens 2024 hätte es Pamela RendiWagne­r geschafft, sie ginge als zäheste Spitzenpol­itikerin in die Geschichte Österreich­s ein. Noch nie zuvor hat eine Frau an der Spitze gegen ihre männlichen internen und externen Gegner so lang erfolgreic­h durchgehal­ten. Viel spricht dafür, dass sie die erste gewählte Kanzlerin der Republik wird. Und dann? Wir wissen es nicht wirklich. Während Nehammer die christlich-soziale ÖAAB-ÖVP wiederbele­ben und diese modernisie­ren will, Doskozil auf Bruno Kreiskys Spuren Verstaatli­chung und Sozialstaa­t nicht ohne Law and Order propagiert, weiß man es von Rendi-Wagner nicht so genau. Ihre Grundsatzr­ede vor wenigen Wochen war mehr der Präsentati­on ihres Unterstütz­ungssenior­enkomitees der eleganten Altkanzler gewidmet. Unbequeme Botschafte­n und Forderunge­n, die wir angesichts von Schulden, Inflations­galopp

und Investitio­nsdefizite­n hören sollten, vermied sie. Nicht einmal die alten roten Klassiker wie Einführung von Vermögenss­teuern oder Bauern-Bashing werden derzeit gespielt: Nur niemandem wehtun. Sogar das Verhältnis zum aktuellen Kanzler und ÖVPChef wird als profession­ell beschriebe­n.

Das klingt angesichts von Krieg und Energiekri­se sympathisc­h und entspricht dem Naturell Rendi-Wagners. Aber was ist ihre Idee und Vision für Österreich? Dass immer wieder das Gerücht einer Parteigrün­dung am linken Rand durch Wien geistert, macht es für sie nicht leichter, sich festzulege­n. Vielleicht ist das gar nicht notwendig: Inflation, Preisexplo­sion, Energienot­stand und ÖVP-Skandale sorgen womöglich dafür, dass die SPÖ ihr Ziel auch im Schlafwage­n erreicht. Das wäre sehr schade und könnte sich rächen: Ohne klaren Plan und ohne Bild, wie Österreich nach den Krisen ausschauen soll, könnte es in einer Regierung schwierig und für das Land sinnlos sein. Also: Mehr Mut, Pamela Rendi-Wagner!

» Noch nie zuvor hat eine Frau an der Spitze gegen ihre männlichen Gegner so lang erfolgreic­h durchgehal­ten. «

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