Die Presse am Sonntag

Der weiße Rum aus Wien

Werner Katzler hat mehr als 30 Jahre Spirituose­n verkauft. Jetzt macht er gemeinsam mit seinen Söhnen und Barkeeper Heinz Kaiser seinen eigenen weißen Rum, den Hawienero.

- VON KARIN SCHUH

Bei Rum denken viele an eine dunkle, gereifte Spirituose und weniger an klaren Alkohol. Anders ist das bei Werner Katzler. Er hatte nicht nur den Großteil seines Berufslebe­ns mit Rum und anderen Spirituose­n zu tun, immerhin war er 20 Jahre lang im Verkauf des Spirituose­nkonzerns Pernod Ricard tätig. Katzler bezeichnet sich selbst als Rum-Liebhaber und ist als solcher vor allem dem weißen Rum zugetan, der für ihn – so wie das in der Karibik auch oft der Fall sei – der wahre Rum ist.

Heute produziert Katzler, gemeinsam mit seinen Söhnen Nino und Mario Katzler und dem Bar-Betreiber Heinz Kaiser, seinen eigenen Rum. Vorwiegend weißen, aber auch einen zehn Jahre lang gereiften, einen dunklen und einen Honey Rum, der mit BioHonig aus Wien versetzt wurde.

Weißer Rum als Trend. „Heute gibt es einen Trend in Richtung weißen Rum. Das hat auch damit zu tun, dass beim dunklen Rum durch die lange Lagerung Stoffe entstehen können, die Kopfweh verursache­n. Das kann bei einem weißen Rum nicht passieren. Und er eignet sich sehr gut für Cocktails“, sagt Heinz Kaiser, der in der Wiener Innenstadt die Dino’s Apothecary Bar betreibt und in der Bar-Szene wegen seines ursprüngli­ch erlernten Berufs auch „der Apotheker“genannt wird.

Katzler ist eigentlich über Umwege zum Rum-Produzente­n geworden. Ein Schlaganfa­ll im Jahr 2014 hat ihn dazu gezwungen, beruflich kürzer zu treten und seinen Beruf aufzugeben. Der Rum hat ihn aber nie losgelasse­n. Auch deshalb, weil relativ zeitgleich Havana Club die Produktion des weißen An˜ ejoBlanco-Rums eingestell­t hat, was in der Bar-Szene bedauert wurde. „Wir haben kurz davor noch die Restbestän­de gekauft, aber die sind auch bald zur Neige gegangen.“

Barkeeper haben damals nach einem Ersatz für den beliebten weißen

Rum gesucht, immerhin ist er die Basis für viele Cocktails, etwa den Mojito. Auch Katzler war auf der Suche nach einem guten weißen Rum, bis die Idee aufkam, ihn selbst zu machen. „Eigentlich habe ich mir schon Ende der 1990er-Jahre gedacht, dass man das auch in Österreich machen könnte.“Damals hat er nämlich in Havanna eine Destilleri­e besucht und dabei zugesehen, wie aus Zuckerrohr­melasse und Wasser Rum gemacht wurde. „Und gutes Wasser, das haben wir in Österreich ja auch“, sagt Katzler. „Die Qualität des Wassers ist ein nicht zu unterschät­zendes Kriterium“, wirft Kaiser ein, „und wir haben in Österreich ein sehr weiches und hochwertig­es Quellwasse­r.“

Also hat Katzler bei einem großen Spirituose­nherstelle­r, Austrian Brands, angefragt, ob dieser den Rum für ihn produziere­n und abfüllen würde. Würde er, er brauche nur eine entspreche­nde Rezeptur dafür.

Daraufhin hat Katzler gemeinsam mit Kaiser daran gearbeitet. „Damit Rum auch Rum heißen darf, darf nur Zuckerrohr, Wasser und sonst nichts drinnen sein. Die Herausford­erung ist, beim Destillier­en den besten Geschmack herauszube­kommen, da spielen sehr viele Faktoren mit.“Wie lang die beiden an der Rezeptur getüftelt haben, weiß Katzler nicht mehr. „Aber eins weiß ich noch, es waren 43 Versuche.“Vor allem beim Alkoholgeh­alt haben sie lang experiment­iert. „Begonnen haben wir bei 37,5 Prozent, dann haben wir einen mit 38, 39 und 40 Prozent probiert. Bei 43 Prozent hat Heinz gesagt, jetzt passt’s.“

„Früher sind Spirituose­n unter 50 Prozent Alkohol gar nicht verkauft worden, die 40 Prozent sind noch gar nicht so lang üblich“, sagt Kaiser. Für ihn passe der hohe Alkoholgeh­alt gut, denn einerseits sei der Rum dennoch nicht scharf, anderersei­ts werde er eben nicht nur pur getrunken – wie das nur wenige Rum-Liebhaber wie Katzler machen –, sondern auch zum Mischen von Cocktails verwendet.

Weil Havana Club den A˜nejoBlanco-Rum eingestell­t hat, produziert Katzler selbst Rum.

„Die Kaiserin“statt Aperol Spritz. Kaiser hat dafür auch einen Drink kreiert, der sich durchaus als Wiener Antwort auf den Aperol Spritz versteht. „Die Kaiserin“heißt er. Der Name sei entstanden, weil er, Kaiser, so von seinen Freunden genannt werde, „seit wir alle gendern“. Und überhaupt passe der Name Kaiserin zu Österreich einfach gut.

Kaiser nimmt ein Weinglas und bereitet den Drink mit größter Sorgfalt zu. Zuerst einmal wird das Glas bis oben mit frischen Eiswürfeln gefüllt, nur um das Glas zu kühlen. Dann kommt ein bisschen frisch gepresster Limettensa­ft hinein, ein Schuss Preiselbee­rsirup, Weißwein (er verwendet Grünen Veltliner oder Sauvignon Blanc), Soda und 4 cl Hawienero Rum. Dekoriert wird mit einer Orangensch­eibe und frischer Minze. „Wenn man trinkt, hat man die Nase in der Minze, dann schmeckt man sie auch. Es gibt ja zwischen Schmecken und Riechen keinen Unterschie­d“, sagt Kaiser, gibt noch einen dünnen Holzstab ins Glas „zum Spielen“, und fertig ist der Drink, den er „Aperol für Erwachsene“nennt. In seiner Bar werde die Kaiserin mittlerwei­le weit öfter als der klassische Aperol Spritz bestellt. Und nicht nur dort.

Das liege auch an der „Mixability“des Drinks, wie Kaiser es nennt. Er könne also einfach und so gut wie in jeder Bar zubereitet werden. Außerdem brauche man lediglich ein Weinglas. „In den 2000erJahr­en und Anfang der 2010-Jahre wurde in jeder Bar

eigener Sirup hergestell­t, aus speziellen Kräutern, links gerührt und der Drink am besten in speziellen Silberbech­ern aus dem bolivianis­chen Hochland serviert. Das ist jetzt vorbei, jetzt gibt es mit der Mixability eine Gegenreakt­ion.“

Auf die Frage nach den Trends in der Bar meint er: „Leicht, fruchtig, spritzig, wie die Kaiserin.“Und auch beim weißen Rum sieht er durchaus ein wachsendes Interesse, auch bei jenen Rum-Liebhabern, die zuerst gern zum dunklen Rum greifen. „Die Vorgabe, dass nur Zuckerrohr und Wasser im Rum sein darf, kann beim dunklen Rum umgangen werden. Da darf nämlich für die Farbe mit Zuckercoul­eur gearbeitet werden. Die hat aber auch einen Einfluss auf den Geschmack, da kann man so manchen Fehler kaschieren.“Bei einem weißen Rum funktionie­re das nicht.

AUF EINEN BLICK

Werner Katzler hat mit seinen Söhnen Nino und Mario Katzler das Unternehme­n Hawienero Rum gegründet. Bei der Rezeptur hat Barkeeper Heinz Kaiser geholfen. Verkauft wird der Rum an die Gastronomi­e und via Online-Shop: www.hawienero.com.

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