Mehr Inszenierung ist gar nicht nötig
Jubel im Wiener Konzerthaus für B´ela Bart´oks »Blaubart« mit Gerald Finley, Rinat Shaham und dem RSO Wien unter Marin Alsop, halbszenisch eingerichtet von Georg Zlabinger.
Eine denkbar düstere und zugleich gleißend helle Stunde im Konzerthaus war das, szenisch wie musikalisch: Barto´ks Oper „Herzog Blaubarts Burg“, dieses wundersame, schmerzlich schöne, symbolistisch-psychologische Rätselwerk, zog das Publikum in ihren Bann.
Was in dem Zweipersonenstück laut Libretto passiert, ist schnell erzählt, lässt sich aber desto schwieriger deuten – oder besser gesagt: erzeugt verschiedenste Auslegungen. Chefdirigentin Marin Alsop traf mit dem ORF-Radio-Symphonieorchester Wien von Beginn an den zugrunde liegenden Tonfall der Trauer, auf dem das Öffnen der sieben Türen und alle daraus folgenden Wendungen des Dialogs zwischen Blaubart und Judit aufgefädelt sind: Nie fiel die Spannungskurve ab. Abgesehen von den suggestiven Klang- und Stimmungsmalereien erfreuten besonders die biegsamen, ausdrucksvollen Bläsersoli – und natürlich die Stimmen. Gerald Finley ist als Bassbariton längst bis in Wagner-Gefilde vorgedrungen und tönt dennoch, am Liedgesang geschult, so flexibel und dunkel schimmernd wie eh und je. Das Kernige, Virile geht bei ihm auf in einer lastenden Schwermut, einer marternden Liebe.
Höhe und Tiefe. Neben Finleys stimmlicher Konzentration wirkte Rinat Shahams Mezzosopran, als spalte er sich an der Partie auf wie ein Lichtstrahl am Prisma: in eine sichere Höhe, eine modulationsreiche Mittellage, die auch schüchternes, ja kindliches Piano hören lässt – und eine rauchige, manchmal in Pathos getränkte Tiefe, die gleichsam keinen Widerspruch duldet. Großartig, wie die beiden vom Orgelbalkon aus das ekstatische Öffnen der fünften Tür besangen, dieses elektrisierende Fortefortissimo in parallelen Durakkorden. Denn Regisseur Georg Zlabinger nützte in seiner klaren, klug dosierten Personenführung die ganze Bühne, sogar einen Weg durchs Orchester.
Ansonsten arbeitete er bei seiner halbszenischen Einrichtung vor allem mit Licht, in der Farbsymbolik, die die Partitur vorgibt. Auch wenn er den Schluss, ganz im Einklang mit der Musik, trist auslegt, war da wieder einmal zu erleben: Viel – oder viel mehr – Deutung braucht „Blaubart“gar nicht, um seine Wirkung zu entfalten. Das steigert die Neugier auf die Salzburger Festspiele, wo Romeo Castellucci inszeniert.
Nicht mit Carl Orffs „De temporum fine comoedia“wie dort, sondern mit einer herkömmlichen ersten Konzerthälfte war die Oper dieses Mal kombiniert: Nach einem vergnüglich-leichtgewichtigen Appetizer, Judit Vargas „Around a Roundabout“, legten Alsop und das RSO Wien in James McMillans „The Confession of Isabel Gowdie“die Folterschrecken der Inquisition dar, eingebettet in inbrünstigen Streicherschmelz a` la Barber, als Requiem für eine historische schottische „Hexe“.
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