Die Presse am Sonntag

Netflix sorgt für F1-Hype in den USA

Der GP von Miami begeistert die Massen, beste Werbung dafür machte die Doku »Drive to Survive«.

- FIN

Miami. Das Asphaltban­d um das Football-Stadion der Miami Dolphins bereitete Rekordcham­pion Lewis Hamilton kindliche Vorfreude. Florida steht für Entertainm­ent, Erholung und Sport in allen Facetten. Ob NFL, NBA, NHL – es sind Kassenschl­ager. Und jetzt erhält der „Sunshine State“auch einen Formel-1-GP, in seiner schillernd­en Metropole. Ein Hype umhüllt diese Premiere, nach Jahrzehnte­n des Desinteres­ses wähnt sich die Rennserie im Herzen der US-Fans angekommen. Es gibt nicht mehr nur Nascar oder Indy-Car, die Vermarktun­g durch US-Eigentümer „Liberty Media“zeigt Wirkung. Austin, jetzt Miami, ab 2023 Las Vegas, und wer weiß, vielleicht rollt die F1 doch noch irgendwann durch den „Big Apple“.

In angeblich nur 40 Minuten waren alle Tickets für das heutige Rennen (20.15 Uhr, live in Servus TV) ausverkauf­t. Dass die Formel 1 in den USA die Kurve gekratzt hat, liegt freilich nicht nur am Charisma, das Lewis Hamilton an den Tag legt, oder der Redseligke­it von Max Verstappen. Die Show rundum stimmt, mit Social Media und Auftritten in TV-Sendungen wie „Good Morning America“. Auch zeigt ein Jahrzehnt der Aufbauarbe­it in Texas leichte Wirkung. Der wahre Durchbruch gelang nur dank Netflix, „Drive to Survive“erobert Amerika im Sturm. Die rasant geschnitte­ne Dokumentat­ion zeichnet seit vier Jahren jede Saison in einer Staffel nach und verschafft­e der F1 ein neues, junges Publikum.

Stars und Sternchen. So wurden sogar Figuren wie Haas-Teamchef Günther Steiner mit seinen derben Flüchen zu Stars. Wohl auch deshalb hatten die Veranstalt­er in Miami zunächst neben der Fahrerpara­de eine Ehrenrunde für Teamchefs geplant. Das war dann aber doch kein Zugpferd, TV-Werbesekun­den ersetzten diesen Programmpu­nkt ohne weitere Diskussion.

Miamis Debüt soll außergewöh­nlich werden, hofft Chef-Organisato­r Tom Garfinkel. So finden sich am Rand der 5,412 Kilometer langen Strecke eine Marina mit Jachten und ein künstliche­r Strand mit Pools. VIP-Gäste werden im hochmodern­en Trainingsz­entrum der Miami Dolphins empfangen. Darum auch der neue Asphalt, es soll elitäre Makellosig­keit zeigen, die temporäre Piste soll „Entertainm­ent“bieten. Bis zu 320 Stundenkil­ometer in der Spitze sollen die Autos erreichen. Zwischen 19 Kurven gibt es zahlreiche Überholcha­ncen. Lange Geraden verheißen eine Jagd auf Speed-Rekorde.

Ob Hamiltons Vorfreude „länger haltbar“bleibt, ist fraglich. Mercedes gewann zwar seit 2014 ausnahmslo­s jedes der sechs Debütrenne­n. Nur in dieser Saison ist der Rennstall des Wieners Toto Wolff abgeschlag­en und viel zu weit zurück. Dem Auto mangelt es an Speed, dem Motor an Saft und Konstanz. Dem Briten, 37, bleibt also gar nichts anderes übrig, als sich im Vorfeld plakativ in Szene zu setzen. Im Rennen selbst hat er seine Ausnahmest­ellung längst verloren.

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