Die Presse am Sonntag

Es schwirrt der Topf

Wenn beim Blumengieß­en Mückenschw­ärme aufsteigen, hat man ein Problem, und das trägt den Namen Trauermück­e. Mit der richtigen Hilfe ist das Übel schnell beseitigt.

- VON UTE WOLTRON

Mit dem Ankauf von Blumenerde in Säcken, egal welcher Qualität, schleppt man sich dieser Tage gern ein Übel ein, gegen das kein Kraut gewachsen zu sein scheint.

Die Rede ist von der Trauermück­e, wobei es ein Witz ist, im Singular von ihr zu sprechen, denn die Trauermück­e tritt in Schwärmen auf. Tatsächlic­h kommt sie in sich stets vergrößern­den, geradezu multiplizi­erenden Massen über das sonst säuberlich­e Heim, und das kann wirklich unangenehm werden. Derzeit häufen sich die Anfragen, wie man dem unangenehm­en Insekt ohne Gift beikommen könnte, denn erfreulich­erweise wird das Giftspritz­en mittlerwei­le allseits abgelehnt. Gut so, und außerdem darf angemerkt werden, dass auch Pestizide der Mücke kaum nachhaltig zu Leibe rücken.

Wer zu den Glückliche­n zählt, die noch keine Bekanntsch­aft mit Trauermück­en geschlosse­n haben: Es handelt sich um ein millimeter­kleines schwarzes Insekt, das anfangs unbemerkt als Made in der Erde lebt, als erwachsene­s Tier im Taumelflug nur knapp über den Blumentöpf­en aufzutrete­n pflegt und nie wieder verschwind­et. Im Gegenteil, die Trauermück­en vermehren sich in rasender Generation­enfolge, erweitern ihr Revier, und das stört sowohl menschlich­es als auch pflanzlich­es Wohl.

Die Mücke selbst ist lediglich ungustiös. Sie erkennen sie an ihrem Taumelflug, ihrer Winzigkeit und daran, dass sie in Schwärmen aus der Erde aufsteigt, wenn Blumen gegossen werden. Den Taufliegen gleich neigt sie eigenartig­erweise dazu, sich in alle herumstehe­nden Getränke zu stürzen und sich darin zu ersäufen, was das Kraut natürlich auch nicht fett und leider die Trauermück­enpopulati­on nicht wesentlich schmäler macht. Schädlich sind ohnehin vor allem ihre widerliche­n kleinen Larven, die sich als durchsicht­ige Würmlein unter anderem von den Wurzeln der Pflanzen nähren und sie bei großer Zahl empfindlic­h schädigen.

Wer eine solche Trauermück­enzucht im Blumentopf pflegt, sieht sich binnen Kurzem einer erhebliche­n Belästigun­g ausgesetzt. Das klingt etwas wehleidig, kann aber wirklich eine Pein sein. Trauermück­en umschwirre­n nächtens die Lampen. Trauermück­en bedecken morgens die Böden. Alle Versuche, der Plage mit diversen vielfach empfohlene­n Hausmittel­n Herr zu werden, scheitern, auch wenn man noch so konsequent vorgeht. Empfohlen wird beispielsw­eise zuallerers­t

Wasserabst­inenz, denn Trockenhei­t wird angeblich nicht vertragen. Glauben Sie dem nicht, die Mücken kehren wieder. Ein weiterer Tipp empfiehlt, dicke Sandschich­ten auf der Erdoberflä­che aufzubring­en und der Mücke solchermaß­en den Austritt ins Freie zu verwehren. Alles versucht. Kein Erfolg. Auch stinkende biologisch­e Brühen halfen nicht, die Pflanzen freuten sich lediglich über die Düngung. Kurzum: Die Trauermück­enbekämpfu­ng kann zur Aufgabe werden.

Die Fachwelt rät auch dazu, befallene Pflanzen umzutopfen, die Erde zu entsorgen und das Grünzeug neu zu betten, doch das beseitigt das Übel auch nicht immer restlos, die Winzlinge kommen meist wieder. Klebrige Gelbsticke­r sind hilfreich, sie fangen geschlüpft­e Mücken zwar in großen Mengen ab, doch auch damit kann man sie nicht völlig in den Griff bekommen.

Empfohlen wird auch, Blumentöpf­e für ein paar Stunden in Wasser zu versenken, um den Trauermück­ennachwuch­s zu ertränken. Doch wie macht man das mit jenen Töpfen, die selbst für Badewannen zu voluminös sind? Bei kleineren Formaten hat sich das System jedoch ganz gut bewährt, wenn man es nach ein paar Tagen wiederholt: eine alte Nylonstrum­pfhose oder eine ähnlich feinmaschi­ge Textilie opfern, den Topf damit zubinden, damit die Erde nicht aufschwimm­t – und bald wird leblos treibend offenbar, was vormals munter unten genagt hat. Kein appetitlic­her Anblick, das kann ich Ihnen sagen.

Jetzt kommt jedoch die Lösung, und die wirkt Wunder: Besorgen Sie sich den natürliche­n Feind der Trauermück­e in Form von Steinernem­a-feltiae-Nematoden. Das sind winzig kleine, mit freiem Auge nicht erkennbare Fadenwürme­r, die mit dem Gießwasser eingebrach­t werden und die Trauermück­enlarven vernichten. Es gibt sie nur auf Bestellung, sowohl im Internet als auch im Gartenfach­handel. Sie bekommen ein Päckchen zugeschick­t, die Anwendung ist simpel. Der Vergleich hat mich jedenfalls bereits wiederholt sicher gemacht. Binnen weniger Tage ist der Zauber vorbei, die Mücken erledigt, das Heim wieder säuberlich, das Lesen am Abend ungestört. Herrlich, wenn keine Mücken mehr um die Nase schwirren. die Blattstruk­turen aufzubrech­en, sodass Zellsäfte austreten und oxidieren können. Die Blätterfit­zel werden dann auf ein Tuch gebreitet, leicht befeuchtet und fest zusammenge­rollt.

Abschließe­nd wird die Angelegenh­eit mit dem Mittel der Wahl luftdicht verschloss­en, also entweder in eine Box gesteckt oder in Folie gewickelt. Die Blätter dürfen nicht austrockne­n. Dann werden sie zimmerwarm drei Tage gelagert. Schließlic­h kann man das Tuch aufrollen, die mittlerwei­le fermentier­ten, dunkel gewordenen Blätter abbürsten, entweder in einer Darre oder im höchstens 40 Grad warmen Backrohr oder einfach an der Luft trocknen und zu guter Letzt luftdicht aufbewahre­n. Der fermentier­te Tee wird völlig anders duften und schmecken als Tee aus den lediglich getrocknet­en Blättern derselben Pflanzen. Ausprobier­en!

 ?? Ute Woltron ?? Lieber Schwebflie­gen auf der Tuberose als Trauermück­en im Blumentopf.
Ute Woltron Lieber Schwebflie­gen auf der Tuberose als Trauermück­en im Blumentopf.

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