Die Presse am Sonntag

Wort der Woche

Die Exkremente von Insekten enthalten viele Pflanzennä­hrstoffe. Ihr Einsatz als Dünger wäre interessan­t – der Teufel steckt aber im Detail.

- BEGRIFFE DER WISSENSCHA­FT VON MARTIN KUGLER diepresse.com/wortderwoc­he

Insekten zählen zu den großen Zukunftsvi­sionen für eine nachhaltig­e Ernährung der Menschheit: Mehlwürmer, Heuschreck­en, Käfer oder Grillen haben einen hohen Nährwert, ihre Produktion braucht aber im Vergleich zu Nutztieren viel weniger Ressourcen (Platz, Futter, Energie, Wasser etc.) und verursacht nur einen Bruchteil der Treibhausg­asemission­en. Laut UNErnährun­gsorganisa­tion FAO stehen Insekten bei rund zwei Mrd. Menschen regelmäßig auf dem Speisezett­el. Hierzuland­e sind Insektengo­urmets noch selten. Doch die Zahl steigt. Und mit zunehmende­r Insektenzu­cht fallen auch immer mehr Nebenprodu­kte an, u. a. die Exkremente der Tierchen.

Es mag vielleicht überrasche­n, aber auf dem Insektenko­t ruhen große Hoffnungen: Da er, wie alle tierischen Ausscheidu­ngen, reich an Stickstoff, Phosphor, Kalium, Spurenelem­enten usw. ist, gilt er manchen als hervorrage­nder Pflanzendü­nger, der bei der Herstellun­g – anders als Kunstdünge­r oder Stallmist – so gut wie keine Treibhausg­ase freisetzt. Bauern im globalen Süden, die kaum Zugang zu anderen Düngemitte­ln haben, könnten mit Insektendü­nger ihre Produktion deutlich steigern.

Dazu kam in jüngster Zeit noch eine andere Idee: Insekten könnten auch dafür genutzt werden, organische Substanzen in den wachsenden Müllbergen (etwa Speiserest­e oder Nebenprodu­kte aus der Nahrungsmi­ttelindust­rie) sinnvoll zu verwerten – und gleichzeit­ig würden jene Emissionen vermieden, die beim Verrotten des Abfalls entweichen.

Klingt interessan­t. Doch Forscher aus Kenia und Uganda um Dennis Beesigamuk­ama geben allzu optimistis­chen Erwartunge­n nun einen kleinen Dämpfer. In ihrer umfassende­n Analyse von neun verschiede­nen Insektendü­ngern hat sich gezeigt, dass zwar alle einen hohen Nährstoffg­ehalt haben. Doch bei Düngeversu­chen mit Pflanzen schnitt nur eine Art mit Bestnote ab: die Schwarze Soldatenfl­iege (Hermetia illucens). Bei allen anderen Arten waren die Exkremente mehr oder weniger stark phytotoxis­ch, sodass Keimungsra­te und Wachstum vermindert waren (Scientific Reports, 3. 5.).

Möglicherw­eise, so mutmaßen die Forscher, benötigen diese Insektenex­kremente noch weitere Behandlung­sschritte zur Entgiftung. Sicher sind sich die Forscher jedenfalls, dass das Substrat, an dem sich die Insekten gütlich tun, ein wichtiger Einflussfa­ktor ist: Je hochwertig­er dieses ist, umso höher ist die Düngerqual­ität; aus minderwert­igen organische­n Abfällen lässt sich auch kein guter Dünger produziere­n. Der Traum, aus Müll Gold zu machen, funktionie­rt also auch hier nicht.

Der Autor leitete das Forschungs­ressort der „Presse“und ist Wissenscha­ftskommuni­kator am AIT.

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