Venus gegen Psyche
Mythische Liebhaberinnen und ihre Männer: Bolu Babalola lässt griechische Göttinnen und afrikanische Königinnen auferstehen und setzt sie in eine diverse Welt.
Die Mythologie nicht nur neu deuten, sondern völlig neu erzählen und sie in die Aktualität unserer Zeit setzen: Das ist ein äußerst beliebtes Genre – Herausforderung und Vergnügen in einem für viele Autorinnen und Autoren.
Ein großes Vergnügen ist der Erzählband „In all deinen Farben – Love Stories“der britisch-nigerianischen Autorin Bolu Babalola, die in zehn Geschichten mythische Liebespaare und Göttinnen aus dem antiken Griechenland, aus Afrika und Asien auferstehen lässt. Von Osun, einer Göttin der Yoruba, über Psyche bis Nofretete und Scheherazade, um nur einige der Liebhaberinnen zu nennen, spannt sich der mythisch-historische Bogen und lässt die männlichen Protagonisten teilweise ganz schön alt und passiv aussehen.
Babalola versieht ihre Frauenfiguren mit starken Charakteren, mit Selbstermächtigung und Witz. Das ihnen im ursprünglichen Mythos aufgezwungene Korsett streifen sie ab, lassen sich nichts mehr gefallen. Psyche etwa will in der gleichnamigen Erzählung endlich einen Schritt weiter auf der Karriereleiter in der Modezeitschrift „Olymp“gehen, für die sie seit zwei Jahren als Assistentin der Redakteurin Venus Lucius arbeitet. Diese hintertreibt sowohl Psyches berufliches Fortkommen als auch die Beziehung zu Eros, die sie aus Gehässigkeit nicht billigt. Am Ende gelingt es Psyche – zur Freude der Leserin – doch noch beides zu bekommen. Erfrischend!
Bolu Babalola: „In all deinen Farben – Love Stories“, übersetzt von Ursula C. Sturm, Eisele Verlag, 320 Seiten, 19,60 Euro