Die Presse am Sonntag

Familie erzählt

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sammen. Das Kind weinte ohne Unterlass, bekam Hautaussch­läge. Sie konnte sich nicht mehr konzentrie­ren, vergaß Dinge – sie, die gute Schülerin, die immer so schnell gelernt hatte. Wochenlang hatte Masha mit stoischer Selbstkont­rolle den Horror ertragen.

Entführt. Es ist schwierig, Informatio­nen aus Mariupol zu erhalten. Nur das russische Telefonnet­z funktionie­rt. Eine Zeit lang halfen Freiwillig­e, Vermisste zu finden. Angehörige schickten Adressen via Google-Maps, sie radelten zum angegebene­n Ort und suchten.

Manchmal dringen doch Nachrichte­n aus der Stadt, erreichen Freunde und Angehörige. Sie sprechen von Tod und Entführung. Lubov, Lehrerin in Pension, erzählt vom früheren Schüler, der zu Fuß auf der Flucht war. Russische Soldaten erwischten ihn, sperrten ihn ein, befragten ihn, nächtelang. Sie nahmen ihm die Dokumente weg. Verlangten Treuebeken­ntnisse. Der Mann

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