Die Presse am Sonntag

Elon Musk will ja mit Twitter nur spielen

Zocker, die am Donnerstag Aktien von Twitter abstießen und von Tesla kauften, konnten am Freitag stattliche Gewinne lukrieren. Möglich, dass sich dieses Spiel bis Jahresende noch mehrfach wiederholt. Ein Milliardär dürfte wissen, wie es geht.

- VON NORBERT MAYER

Der Satz schlug am Freitag in sozialen Netzwerken ein wie eine Bombe: „Twitter deal temporaril­y on hold . . .“Fast zeitgleich begann der Börsenkurs der auf Kurzmeldun­gen im Netz spezialisi­erten US-Firma dramatisch zu rutschen (minus 9,7 Prozent am Ende), während der des Elektroaut­o-Konzerns Tesla sich vom Tief der vergangene­n Woche erholte (plus 5,7 Prozent).

Den Tweet, dass er die Übernahme von Twitter auf Eis lege, weil er noch prüfen wolle, wie hoch dort der Anteil von Spam-Accounts sei, hatte der angeblich reichste Mann der Welt abgesetzt: Elon Musk, Spekulant und Unternehme­r, ein Südafrikan­er mit kanadische­r sowie US-Staatsbürg­erschaft, der seit 1995 mit großem Erfolg Firmen aufbaut: ZiP2, X.com, PayPal, SpaceX, Tesla, SolarCity, OpenAI, Neuralink, The Boring Company, Thud . . .

Trump-Rampe. Nun ist eben der blaue Vogel dran. Anfang April wurde publik, dass Musk mit 9,2 Prozent bereits den größten Anteil an Twitter Inc. habe. Zwei Wochen später machte er allen Aktionären ein fast unmoralisc­h scheinende­s Angebot. Er wolle die Firma ganz und biete pro Aktie 38 % mehr als ihren damaligen Wert. 44 Milliarden US-Dollar sind selbst für einen Mann mit geschätzte­m Vermögen von derzeit gut 200 Milliarden keine Kleinigkei­t. Die Community befürchtet­e Sinisteres. Was wird der zuweilen recht verhaltens­auffällig agierende Milliardär aus dieser Plattform machen? Eine Startrampe für Ex-Präsident Donald Trump, der seit 2021 von Twitter verbannt ist?

Im Netz setzte ein Proteststu­rm ein. Es kam dennoch zur Einigung. Bis Ende des Jahres sollte der Handel abgeschlos­sen sein. Nun aber ging Musk einen Schritt zurück. Seinen 93 Millionen Followern tweetete er, der RiesenDeal sei aus folgendem Grund auf Eis:

„ . . . pending details supporting calculatio­n that spam/fake accounts do indeed represent less than 5% of users.“Wie bewerten seriöse Medien dies?

Als „Granate“wird der Tweet von „The Wall Street Journal“bezeichnet. Rechtsanwä­lte hätten Musk dringend zu einem Follow-up-Tweet geraten, in dem er versichere, dem Kauf noch immer verpflicht­et zu sein. Die erste Ankündigun­g sei „unorthodox, nicht nur im Timing und im Format“. Man frage sich, ob Musk es mitten in einer Krise mit dem Deal überhaupt ernst meine.

„Zieht sich Elon Musk von Twitter zurück?“, fragt man in „The New York Times“. Mit seiner neuesten „Bombe“verkompliz­iere er die Sache. Erst vergangene Woche habe Musk ein Geheimtref­fen im Hauptquart­ier der Firma in San Francisco gehabt, schien auf ein Durchziehe­n des Deals fokussiert. Er versuche nun wohl, den Preis zu drücken. Bereits bisher sei es einer der ungewöhnli­chste Übernahmev­ersuch von heute gewesen. Der aber „geriet am Freitag noch ein wenig verrückter“.

Schockwell­en. Für Londons „Financial Times“ergeben sich im Aufmacher neuerlich Zweifel, ob der Tesla-Chef den Twitter-Deal tatsächlic­h durchziehe­n wolle. Die Rechtswirk­ungen der Aktion seien unklar, so wie die genauen Gründe dafür: „Der Zweifel, den Musks Tweet verursacht hat, ist nur das jüngste Beispiel für die Wirbelwind-Methode, mit der die Transaktio­n zustande kam . . .“Bereits das Angebot des Milliardär­s im Vormonat, Twitter zu kaufen, habe „Schockwell­en durch die Technologi­eund Finanzwelt gesandt“. Viele hätten damit gerechnet, dass Musk es mit dem Geschäft nicht ernst meine.

Manche Musk-Versteher tun sich wieder einmal schwer mit dessen Motiven. Die „Frankfurte­r Allgemeine Zeitung“fragt sich, ob „Amerikas reichster Mann Angst vor der eigenen Courage“bekomme und titelt darüber: „Elon Musk zuckt zurück“. Gelassener sieht das die „Neue Zürcher Zeitung“: „Musk ist bekannt für impulsive Tweets und Äußerungen, die er öfters später relativier­t.“Stimmt! Das hat doch bei so vielen zwitschern­den Promis System.

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Getty Images / Pool Der Unternehme­r Elon Musk spekuliert mit dem Kauf von Twitter, einer Firma für Mikro-Blogging.

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