Die Presse am Sonntag

Let’s Make Money

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Es gehört immer mehr zum Alltag, dass die Börsen derzeit von einer chaotische­n Handelswoc­he in die nächste taumeln. Auf einen kurzen Erholungst­rend folgt umgehend eine Ohrfeige und die Leitindize­s sacken wieder ab. So auch in der abgelaufen­en Woche – mit dem Unterschie­d, dass der Rückgang um 3,57 Prozent im Dow Jones zur Wochenmitt­e überhaupt der stärkste seit Juni 2020 war. Und mit der Auffälligk­eit, dass es dieses Mal plötzlich die Konsumgüte­raktien traf. Das Gespenst der hohen Inflation geht um und damit die Angst, dass sie und eine mögliche Rezession die Konsumlaun­e dämpfen könnten. Dazu trägt auch bei, dass US-Notenbank-Chef Jerome Powell eine noch aggressive­re Straffung der Geldpoliti­k nicht ausgeschlo­ssen hat, sofern die Währungshü­ter keine klaren Beweise dafür sehen, dass die Inflation zurückgeht. Die Inflations­bekämpfung ist zur obersten Priorität der Fed geworden. Was heißt, dass sich Anleger im Unterschie­d zum März 2020, als die Coronapand­emie ausgebroch­en ist, keinen „Fed-Put“mehr erwarten dürfen, mit dem die Notenbank intervenie­rt, um die Finanzmärk­te zu stützen. So sieht die neue Realität aus.

Es muss nicht unbedingt katastroph­al enden, wie manche Crash-Propheten vor sich herbeten. Aber es wäre fahrlässig zu glauben, dass die Stabilisie­rung, die sich am Freitag – ohnehin nur vorübergeh­end – einstellte, schon von einer Trendwende künde. Die Stabilisie­rung verdankt sich zwar immerhin der Tatsache, dass China mit der Senkung eines wichtigen Referenzzi­nssatzes für langfristi­ge Kredite die Abschwächu­ng der Konjunktur mildern will. Aber „angesichts der Fülle der aktuellen Herausford­erungen erscheint eine schnelle Aufhellung der Großwetter­lage unwahrsche­inlich“, meinte Chefstrate­ge Bernd Hartmann von der VP Bank laut Deutscher Presseagen­tur.

Das sehen offenbar auch die globalen Fondsmanag­er so. Die monatlich erscheinen­de Global Fund Manager Survey der Bank of America Securities hat zutage gebracht, dass sie derzeit auf durchschni­ttlich 6,1 Prozent Cash – also nicht angelegte Mittel in den Fonds – sitzen. Seit den Terroransc­hlägen auf das World Trade Center im Jahr 2001 war dieser Wert nicht mehr so hoch. Viele warten also vorsichtig zu. Manch einer – wie der US–Investor Warren Buffett (siehe Artikel unten) begann allerdings bereits, die hohen Cash-Positionen aufzulösen und wieder zu investiere­n. Aber auch er gibt zu, dass er „so viele Probleme bei der Suche nach neuen Ideen“zum Anlegen hat.

Dass er sich im ersten Quartal übrigens groß bei der US-Bank Citigroup (ISIN: US17296742­42) eingekauft hat, hat sich bisher noch nicht gelohnt. Die

dem Rennsport wuchsen gerade Flügel, und große Hersteller wie VW betrieben einen eigenen Windkanal. Doch war man dort mit dem Luftwiders­tand beschäftig­t, eine sehr praktische Disziplin, denn gute Windschlüp­frigkeit führte direkt zu geringerem Kraftstoff­verbrauch. Auftrieb war für die Geschwindi­gkeiten, die normale Autos erreichten, kein Thema.

„Wenn man den Porsche 911 von der Seite anschaut, ist das ein Flügelprof­il“, erläutert Brodbeck, „das heißt: Das Auto hat Auftrieb. Beim Flugzeug will man’s, beim Auto hätte man’s gern so herum“, sagt er – und dreht das Modellauto, das er in Händen hält, auf den Kopf. Das Problem mit dem Auftrieb: Wenn der Luftstrom das Fahrzeug in die Höhe zieht – je schneller gefahren, desto vehementer –, reduziert das die Traktion, damit die Fahrstabil­ität, am störendest­en in Kurven.

Verbleit. Frisch von der Uni gekommen, hatte Brodbeck mit seinem Chef bei Porsche schon einen Bugspoiler entwickelt, der die elegant nach hinten fliehende Stoßstange ersetzte. „Der 911er hatte Ende der 1960er-Jahre Blei in den Stoßstange­n, denn man wusste: Das Auto ist zu leicht.“Das neue Element an der Fahrzeugfr­ont reduzierte den problemati­schen Auftrieb vorn mit einem Schlag um die Hälfte.

Ans Fahrzeughe­ck führte Brodbeck sein eigener Wagen, ein Fiat 850 Coupe´. Unerklärli­ch war dessen Nachfolger, obwohl nur fünf PS stärker, deutlich schneller geworden. Ob der neue, interessan­t gewölbte Motordecke­l etwas damit zu tun haben könnte? „Reines Design“, beschieden Brodbeck die Spezialist­en aus dem Windkanal.

Dennoch begann er im Karosserie­bau am Motordecke­l des 911 zu experiment­ieren – mit Schweißdra­ht und Blechen, mit denen sich die Linie verändern ließ. Was immer sie entdecken sollten, es müsste leicht auf- und abbaubar sein. Was sich in den Fahrversuc­hen später als entscheide­nd erwies: Sie würden mit identen Autos stattfinde­n müssen, um eindeutig zu sein.

Als sich in Abmessung und Neigung eines solchen Blechs Brauchbare­s abzeichnet­e, buchte Brodbeck den Windkanal der TU Stuttgart. Binnen zweieinhal­b Tagen bastelte man dort eine Konstrukti­on zurecht, die vielverspr­echende Messergebn­isse brachte. „Glaubt heute keiner, dass es so schnell ging“, sagt Brodbeck, „aber das Auto hatte das Potenzial: Es war aerodynami­sch relativ schlecht, so hatte alles, was man gemacht hat, große Wirkung.“

Schön machen. In Position, Höhe und Breite hatte Brodbeck nun sein Teil – und es sah wüst aus. Der Gang ins „Studio“stand ihm bevor, zu den Designern. Denen war die Form heilig. „Ist ja auch einmalig schön“, sagt Brodbeck. „Und dann komm ich mit so einem Klotz daher.“Trotzdem: „Das brauchen wir, und das müsst ihr jetzt schön machen.“

Als Nächstes ging es auf die Straße, aufs Prüfgeländ­e. Ein Mann aus dem Fahrversuc­h, der als legendär schnell galt, übernahm. Er fuhr mit und ohne Konstrukti­on – und wähnte sich in zwei verschiede­nen Autos. Eindeutig schneller war er mit den beiden Spoilern. In der Variante fuhr der 911 stabiler und sicherer. Für Teile der Außenwelt schwer zu begreifen: Das Ding, das noch dazu scheußlich aussah, sollte diesen Effekt haben? Brodbeck: „Man war noch nicht so weit, die Zusammenhä­nge aus Abtrieb, cW-Wert und Fahrverhal­ten herzustell­en.“

Aber es war so. Die Strömung am 911 ohne Bürzel ging bis kurz hinter die Heckscheib­enkante und riss dann ab, die nachfolgen­den Verwirbelu­ngen kosteten Energie. Mit Brodbecks Heckspoile­r gelang es, die Luftströmu­ng möglichst weit nach hinten zu führen und dort sauber abreißen zu lassen. Damit – und mit dem Bugspoiler – reduzierte sich der Auftrieb des ganzen Autos um die Hälfte, und gleichzeit­ig verbessert­e sich der Luftwiders­tand. Das wäre bei heutigen Fabrikaten mit ihrer ausgefeilt­en Aerodynami­k nicht mehr möglich. „Wohlgemerk­t“, sagt Brodbeck, „sprechen wir von der Reduzierun­g des Auftriebs. Zum Abtrieb kam man erst viel später.“

500 Stück. Aber noch war die Innovation nicht auf der Straße. Porsche hatte beschlosse­n, ein damit ausgerüste­tes, neues Modell als Basis für den Rennsport („RS“) zu lancieren – erforderli­che Auflage: 500 Stück. Zwei Hürden waren noch zu nehmen. Zunächst verweigert­e das Kraftfahrt­amt die Zulassung – am Heckspoile­r missfiel die harte Kante, man hielt sie für eine „Gefahr für Radfahrer und Motorradfa­hrer“, wie sich Brodbeck erinnert. Man errang, auch unter Verweis auf die geringe Stückzahl, einen Kompromiss.

Und schließlic­h hielt der PorscheVer­trieb das Auto für so gut wie unverkäufl­ich. „Maximal 100 Stück für die ganze Welt“, schnaubte der Vertriebsc­hef. Der Vorstandsv­orsitzende musste ein Machtwort sprechen.

Es wurden dann über 1500 Exemplare des 911 Carrera RS 2.7. Basispreis in Deutschlan­d: 34.000 DM – originale Exemplare werden heute ab etwa 650.000 Euro gehandelt. Mit dem neuen, 210 PS starken 2,7-Liter-Motor galt der RS als schnellste­s Serienauto des Landes. Mit Einführung der Mischberei­fung – hinten breitere Reifen, auch breite Spur als vorn – wies das Modell einen weiteren Meilenstei­n in der 911er-Story auf.

Woran denkt Tilman Brodbeck, wenn er heute das Modell betrachtet? „Da habe ich nur einen Gedanken: Dass ich gern einen hätte.“

Ende der Sechziger hatte der 911er Blei in den Stoßfänger­n. Er wurde bei Tempo zu leicht.

 ?? Frank Rumpenhors­t/ Picturedes­k.com ?? Das eigene Management hat Aktien der deutschen Commerzban­k gekauft. Es ist nicht das Einzige, was für die Papiere spricht.
Frank Rumpenhors­t/ Picturedes­k.com Das eigene Management hat Aktien der deutschen Commerzban­k gekauft. Es ist nicht das Einzige, was für die Papiere spricht.
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