Sohn sein in Zeiten des Krieges
In »Die letzten Tage unserer Väter« erzählt der Schweizer Autor Jo¨el Dicker von Freundschaften, zerrissenen Familien und der Befreiung Frankreichs von der deutschen Besatzung.
Eine Gruppe junger Männer sitzt im Morgengrauen auf einem Hügel vor einem Herrenhaus. Man raucht, ist angespannt, wartet auf das Training. Besonders gefürchtet ist das Fallschirmspringen. Der Anfang von Joe¨l Dickers Roman „Die letzten Tage unserer Väter“wirkt, angesichts der aktuellen Bilder des Krieges in der Ukraine, erstaunlich aktuell. Doch das Jahr ist 1940, und die Rekruten werden für eine von Winston Churchill eingesetzte geheimdienstliche Einheit zur subversiven Kriegsführung ausgebildet.
Während in der Schweiz gerade der neue Roman von Joe¨l Dicker (in französischer Sprache) erschienen ist, hat das deutschsprachige Publikum nun erstmals Gelegenheit, dessen Debüt aus dem Jahr 2010 zu lesen. 2013 landete der Schweizer Autor, 28-jährig, mit „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“einen Weltbestseller, in dem ein junger Schriftsteller einen Cold Case löst und seinem unter Mordverdacht stehenden Mentor aus der Patsche hilft. Seither sind drei weitere Romane in deutscher Übersetzung erschienen. Der letzte spielte im Schweizer Bankenmilieu und mochte nicht so recht überzeugen.
Bunte Truppe. In seinem Debütroman erzählt Joe¨l Dicker die Geschichte einer bunt zusammengewürfelten Truppe – hauptsächlich junge Franzosen, allesamt willens, sich der Aggression der Nazis entgegenzustellen. Da ist der gutmütige Alain, der wegen seiner Körperfülle „Gros“(der Dicke) genannt wird, der rüpelhafte, unsichere Faron, Laura, eine Engländerin aus gutem Hause, Claude, ein werdender Priester, Stanislas, der eine Art Vaterrolle für die anderen einnimmt, und einige mehr.
Im Zentrum steht Paul-E´ mile, kurz Pal, dessen Mutter früh verstorben ist und der die Trennung von seinem in Paris lebenden Vater kaum verkraftet. Den Agenten ist jeder Kontakt zu Angehörigen in Frankreich strikt untersagt. Die Ausbildung ist hart, doch schweißt sie die unterschiedlichen Charaktere zusammen, Freundschaften entstehen, Pal und Laura verlieben sich ineinander. Als der Einsatzbefehl kommt, wird die Gruppe in alle Ecken Frankreichs verstreut. Laura ist als
Jo¨el Dicker
„Die letzten Tage unserer Väter“
Übersetzt von Amelie Thoma und Michaela Meßner, Piper-Verlag,
413 Seiten,
25,70 Euro