Die Buhlschaft kocht jetzt Nudeln
Sie steht auch heuer als Buhlschaft auf dem Domplatz. Karriere hat Verena Altenberger allerdings in Film und Fernsehen gemacht. Dieser Tage ist die vielseitige Schauspielerin auf Arte und im ORF in der Serie „Wild Republic“zu erleben.
Manche finden ja, eine Buhlschaft dürfe keine kurzen Haare tragen. Als Verena Altenberger diese Paraderolle der Weiblichkeit 2021 kurz geschoren antrat, hat sie sich daher viel kritisieren lassen und auch erklären müssen. Dabei scheint diese Figur in ihrer Interpretation in die Zukunft zu weisen (vielleicht sogar in Richtung einer Jederfrau?). Die Lovestory zwischen ihr und dem überzeugend geläuterten Jedermann Lars Eidingers kam dabei so warmherzig und überzeugend über die Rampe der Festspielbühne, wie man es selten erlebt hat. Fortsetzung folgt: Die beiden werden diesen Sommer erneut in Michael Sturmingers schauspielerisch auch sonst hervorragend besetzter, zeitgemäßer Interpretation von Hofmannsthals „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“zu erleben sein. Erstes Rendezvous für heuer: 18. Juli am Domplatz.
Das Festspiel-Engagement ist Ausdruck des künstlerischen Höhenflugs der aus dem Salzburgischen stammenden Altenberger, obwohl sie sich, die zeitweise an der Burg spielte, seit Jahren auf der Bühne rar macht. Als 18-Jährige kam sie ziemlich blauäugig nach Wien, wie sie der „Presse“einmal erzählte, und hat „so was von blank“und folglich auch erfolglos beim Reinhardt Seminar vorgesprochen. Erst mit einiger Verspätung durch ein Publizistikstudium und eine Ausbildung an der Musik und Kunst Privatuniversität Wien kam sie zur Schauspielerei.
Bekannt wurde Altenberger über Film und Fernsehen. Sie wirkt erfrischend natürlich. Ihr Spiel ist ungezwungen, nie überzeichnet. Und sie überzeugt mit ihrer Wandlungsfähigkeit in unterschiedlichsten Rollen. Als heroinabhängige Mutter in „Die beste aller Welten“. Als Bürgermeistersfrau neben Karl Markovics in „Das Wunder von Wörgl“und als Nazi-Gattin in „Ein Dorf wehrt sich“. Oder als Psychopathin in David Schalkos „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“.
Dieser Tage ist Altenberger auf Arte (Do, 22.05 Uhr) und mit Zeitverzögerung im ORF (30. Mai und 2. Juni, 20.15 Uhr, ORF 1) in der Miniserie
„Wild Republic“als Sozialarbeiterin Rebecca zu erleben, deren Resozialisierungsprogramm für straffällig gewordene Jugendliche aus dem Ruder läuft. Acht Wochen lang sollen sie in der Abgeschiedenheit der Natur Verantwortung und (Selbst-)Vertrauen lernen und so den Weg zurück in die Gesellschaft finden. „Bei guter Führung gibt’s Nudeln“, verspricht Rebecca. Doch als der Ranger tot aufgefunden wird, eskaliert die Situation: Die jungen Leute flüchten in die Berge – mit Rebecca als Geisel. Vorurteile, Ängste und Revierkämpfe zersetzen die Gruppe. Statt Gemeinschaftssinn, Solidarität und Rücksichtnahme gilt die Macht des Stärkeren. Erzählt wird teilweise in Rückblenden, die die Jugendlichen nicht nur als Kriminelle vorstellen, sondern auch deren Verwundbarkeit zeigen – und wie es so weit kommen konnte. Da werden auch Klischees bemüht – vom reichen, ignoranten Vater, der nach Ansicht des Sohnes schuld ist am Selbstmord der Mutter, bis zum frauenverachtenden Türken, der sich den Respekt der anderen erprügelt. Erst nach und nach kommen die Geheimnisse der Beteiligten ans Licht. So bleibt die Serie, die mit u. a. Ulrich Tukur, Emma Drogunova, Franz Hartwig und Gerhard Liebmann hervorragend besetzt ist, bis zum Schluss spannend.
Kommissarin mit Bodenhaftung. Seit 2018 ist Altenberger beim MünchenAbleger der ARD-Krimireihe „Polizeiruf 110“im Einsatz. Zuletzt mit dem bekannten Buhlschaft-Haarschnitt, der auch als Bekenntnis zu einem neuen Frauenbild gelesen werden kann. Altenberger wirkt als Kommissarin Elisabeth „Bessie“Eykhoff erdverbunden, kollegial und emotional, ohne die Fassung zu verlieren. Wieder ist da diese Natürlichkeit, auch in der Sprache, die ihre Figur so real erscheinen lässt in all ihrer Verletzlichkeit, aber auch weiblichen Stärke. In der Episode „Das Licht, das die Toten sehen“geht es wie in „Wild Republic“um Jugendliche, die in einem desaströsen psychischen und mentalen Zustand sind. Noch bis November kann sie auf der ARD-Website gestreamt werden.