Die Presse am Sonntag

Blattlinie

Horst Pirker klagt Christian Ortner wegen Rufschädig­ung. Der sah eindeutig antisemiti­sche Formulieru­ngen gegen Ukraine-Premier Selenskij in »News«.

- NACHRICHTE­N AUS DER REDAKTIONS­KONFERENZ rainer.nowak@diepresse.com

Christian Ortner, klare Stimme des Wirtschaft­sliberalis­mus und „Quergeschr­ieben“Kolumnist der „Presse“, eckt gern an. Das ist Job. Jüngst sieht sich unser Kollege mit einer Klage von Horst Pirker konfrontie­rt. Pirker ist Eigentümer und Herausgebe­r des Magazins „News“und war einst Vorstandsv­orsitzende­r der Styria und als solcher Mitbegründ­er der „Presse am Sonntag“. Was ist der Vorwurf? Psychother­apeutin Monika D. Wogrolly hatte in einer „News“-Coverstory Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskij einer „tiefenpsyc­hologische­n Analyse“unterzogen. „Unter der Lupe der Therapeuti­n“beschrieb sie den russischen Präsidente­n als Narzissten mit einer „Neigung zu depressive­n Symptomen“. Dem ukrainisch­en Präsidente­n bescheinig­te sie aus der Ferne, ein Histrionik­er zu sein, getrieben von einem „im Hintergrun­d agierenden Übervater“und dem Trauma der jüdischen Vorfahren. Ein Mann, der seine innere Leere auffülle, indem er lüge und blende – „wie ein Vampir“. Christian Ortner schrieb nach der „News“-Lektüre im israelfreu­ndlichen Blog „Mena-Watch“: Jüdische Politiker mit einem blutsaugen­den Vampir zu vergleiche­n, hätten zuletzt der „Stürmer“und der „Völkische Beobachter“vorgeführt. Das ging Pirker zu weit. Er klagte Ortner wegen Kreditschä­digung und Ehrenbelei­digung auf 20.000 Euro. Der will das ausstreite­n und kann den antisemiti­schen Topos des Vampirs gut belegen. In kollegiale­r Verbundenh­eit darf ich Pirker höflichst empfehlen, die Klage gegen unseren Kolumniste­n zurückzuzi­ehen.

In dieser Ausgabe möchte ich Ihnen eine Reportage von Wieland Schneider ans Herz legen. Er war unterwegs in Nordsyrien. In Wien hat Mirjam Marits einen Blick in Palais geworfen, die sich öffnen. Schönen Sonntag!

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