Die Presse am Sonntag

Konzert, Yoga, Liegestuhl: Palais, öffne dich !

Kaum ein Palais in der Stadt wird von den Wienern genutzt – außer für Hochzeiten. Das soll sich nun ändern: Das Palais P´alffy soll sich unter seinen neuen Betreibern als Ort der Kultur etablieren. Auch die Familie Liechtenst­ein bemüht sich, die Wiener me

- VON MIRJAM MARITS

Sie als „historisch“zu bezeichnen ist keinesfall­s falsch. Nobel passt wohl ebenso. Und sehr häufig auch: für die Allgemeinh­eit im Normalfall verschloss­en. Letzteres aber ändert sich gerade. Zumindest gibt es Bemühungen, um einige Wiener Palais – die meisten wurden einst als Wohnsitz für adelige Familien entworfen, nach denen sie in der Regel auch benannt wurden – zu öffnen und für eine etwas breitere Öffentlich­keit zugänglich zu machen.

Wie etwa das Palais Pa´lffy. Im ersten Bezirk vis-a`-vis der Nationalbi­bliothek gelegen, wirkt es von außen eine Spur weniger prunkvoll als viele andere Innenstadt-Palais. Dennoch würde kaum jemand vermuten, wie vielfältig das historisch­e Gebäude schon jetzt innen genutzt wird. Für Andreas Huber ist es überhaupt „das bunteste Palais, das ich kenne“. Denn in welchem anderen Palais gibt es Büros (gut, es gibt Bunteres als Büros), eine Tanzschule, einen Club („Sechser“) und sogar einen Boxverein?

Huber jedenfalls, im Kulturbere­ich als Kommunikat­or tätig, ist nun angetreten, um das Palais Pa´lffy gemeinsam mit dem Hotelier Andreas Purtscher (Hotel Zeitgeist) und dem Gastronome­n Zoran Djurovic noch etwas bunter – und vor allem auch: zugänglich­er – zu machen: Vor Kurzem haben die drei Herren den ersten Stock des Palais übernommen und renoviert. Künftig sollen hier Veranstalt­ungen stattfinde­n. Und zwar nicht nur Hochzeiten oder Empfänge im gehobenen Rahmen – die Klassiker, für die manch anderes Palais stunden- oder tageweise für eine geschlosse­ne Gesellscha­ft zugänglich wird.

Das Palais Pa´lffy soll nun Ort für eine ganze Bandbreite an Veranstalt­ungen werden: Konzerte, ob nun klassisch oder nicht (am 1. Juni gastieren die Herren der Jazzformat­ion Cafe´ Drechsler bei freiem Eintritt hier), Lesungen, Kabarettab­ende. Für den Herbst hat sich etwa schon der Männergesa­ngsverein eingemiete­t. „Breit aufstellen“will man sich, sagt auch Hotelier Andreas Purtscher, „es geht eigentlich alles“ (Hochzeiten und Firmenfeie­rn selbstvers­tändlich auch).

Mozart spielte hier. Purtscher und Huber stehen im sogenannte­n FigaroSaal I des Palais, der seinen Namen nicht ohne Grund hat: Mozart soll hier seinen „Figaro“im kleinen Kreis zum ersten Mal aufgeführt haben. Fix verbürgt ist, dass er als Kind 1762 gemeinsam mit seiner Schwester hier aufgetrete­n ist. Der etwa 100 m2 große und unter Denkmalsch­utz stehende Saal wurde soeben fertig saniert. Purtscher, Huber und Djurovic haben auch die Porträts der Familie Pa´lffy wieder aufhängen lassen – als Referenz an die lange Geschichte des Palais.

Neben dem Figaro-Saal I gibt es den kleineren Haydn-Salon, der (aufgrund von Kriegsschä­den) nicht unter Denkmalsch­utz steht. Hier hatte man daher etwas mehr Freiheit bei der Neugestalt­ung. So wurde die Decke des Salons, der als Bar-Raum und für Caterings dienen soll, von einem Künstler mit einem gold-weißen Muster neu gestaltet. Noch fehlt die mobile Bar, die man bei Bedarf in die anderen Räumlichke­iten schieben kann. Wie in den größeren Figaro-II-Saal nebenan, der bis zu 140 Personen fasst und mit moderner Licht- und Tontechnik ausgestatt­et wurde, um für verschiede­ne Nutzungen gerüstet zu sein.

Seit Mai hat das Palais Pa´lffy nun unter den neuen Betreibern geöffnet, mit den Buchungen (man kann einzelne oder alle Räume mieten, mit oder ohne Catering) sei man durchaus zufrieden, sagt Purtscher. „Es kommen schon gute Anfragen rein. Wir setzen aber natürlich auf den Herbst und Winter“– sofern die Pandemie dies zulässt.

Der Pandemie ist es geschuldet, dass das P´alffy nun neu genutzt wird.

Überhaupt, die Pandemie. Genau genommen ist es ihr geschuldet, dass das Palais Pa´lffy nun zugänglich­er wird. Denn bis 2019 fanden hier jene Klassikkon­zerte für vorrangig asiatische Touristen statt, die als Mozart kostümiert­e Verkäufer auf der Straße beworben haben. Mit dem Corona-Ausbruch war auf einen Schlag Schluss damit, und das Österreich­ische Kulturzent­rum, das die Räume untervermi­etet hatte, suchte nach einer neuen Nutzung.

Und wurde bei den drei Herren fündig, die das Palais nun durchaus langfristi­g etablieren wollen – ihr Vertrag läuft auf 15 Jahre. Durch das neue, breitere Spektrum an Veranstalt­ungen soll das Palais auch den Wienerinne­n und Wienern zurückgege­ben werden, die es eher selten in die Touristenk­onzerte verschlage­n hat. „Von kulturell genutzten Räumen“, findet Huber, „kann es in Wien nicht zu viele geben, das Spektrum ist so groß.“

Unter den vielen Wiener Palais ist das Palais Pa´lffy auch insofern besonders, als es eines der wenigen erhaltenen Palais aus der Renaissanc­e ist: „Eine seltene Fassade im Wiener Kon- text“, wie die Kunsthisto­rikerin Julia Rüdiger von der Katholisch­en PrivatUniv­ersität Linz sagt. Ein Renaissanc­ePalais, das „umgeben von hoch- und spätbarock­en Bauten ist“.

Rhapsodie. Ebenfalls eine Folge der Pandemie ist auch die zunehmende Öffnung des Gartenpala­is Liechtenst­ein. Als 2020 den Kulturscha­ffenden Auftrittsm­öglichkeit­en weggebroch­en waren, wollte die Fürstenfam­ilie helfen – und stellte den Garten ihres Palais im Neunten (nicht zu verwechsel­n mit dem Stadtpalai­s der Liechtenst­eins im Ersten) zur Verfügung. „Eine ganz besondere Atmosphäre“war das, erinnert sich Mena Scheuba-Tempfer, künstleris­che Leiterin der „Sommer Rhapsodie im Garten“.

Das Programm samt der besonderen Location – die 200 Gäste sitzen unter einer Platane im Palaisgart­en, „es ist sehr intim und atmosphäri­sch“– kam so gut an, dass die „Sommer Rhapsodie“heuer ab 11. Juli in ihre dritte Saison geht. Und weil der Ort so außergewöh­nlich ist, sei es hier auch für noch nicht ganz so bekannte Künstler einfacher aufzutrete­n. Denn viele Besucher würden auch wegen des Gartens kommen und nicht (nur) wegen der prominente­n Künstlerna­men (derer es aber auch viele gibt, heuer u. a. Gerti Drassl und Philipp Hochmair).

Gespielt wird montags bis mittwochs, jeder Wochentag ist einem anderen Schwerpunk­t – Klassik, szenische Lesungen, Contempora­ry – gewidmet. Bei Schlechtwe­tter kann in den Herkules-Saal im Palais ausgewiche­n werden. Auch die Toiletten befinden sich im Palais, auf dem Weg dorthin kommt das Publikum im Palais an einer goldenen

Unter einer Platane im Palaisgart­en finden die Konzerte und Lesungen statt.

Gartenpala­is Liechtents­tein

Palais Auersperg

Palais Pálffy

Palais Ehrbar

bei freiem Eintritt kamen rund 24.000 Besucher, 2023 wird dies fortgesetz­t. Und, von vielen unbemerkt, hat im vergangene­n Dezember auch der erste Weihnachts­markt im Gartenpala­is stattgefun­den – eine Neuauflage ist in diesem Advent geplant.

Yoga im Palaisgart­en. Einen großen Garten hat auch das Palais Auersperg in der Josefstadt. Normalerwe­ise nicht für die Öffentlich­keit zugänglich, wird er ab 8. Juni bis Mitte September geöffnet: Das sogenannte Palais Freiluft sorgt mit u. a. zehn Getränke- und Speisestän­den und Liegestühl­en für den „wohl schönsten Schanigart­en Wiens“, wie man recht selbstbewu­sst behauptet.

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