Die Presse am Sonntag

Blattlinie

Engelbert Washietl ist gestorben. Nachruf auf einen Journalist­enkollegen, der uns den Spiegel vorgehalte­n hat.

- NACHRICHTE­N AUS DER REDAKTIONS­KONFERENZ RAINER NOWAK chefredakt­ion@diepresse.com

Heute habe ich die traurige Pflicht, einen langjährig­en Kollegen und Freund zu verabschie­den. Engelbert Washietl, Mahner für journalist­ische Güte und Mitbegründ­er der Initiative Qualität im Journalism­us, ist am Freitag nach schwerer Krankheit mit 81 Jahren gestorben. Bis Ende vergangene­n Jahres verfasste Washietl eine monatliche Blattkriti­k der „Presse“, die wir in seiner „Spiegelsch­rift“veröffentl­ichten. Washietl wurde am 10. März 1941 in Stockerau geboren. 1966 promoviert­e er an der Universitä­t Wien zum Dr. phil. und begann im selben Jahr als Außenpolit­iker bei der „Presse“, 1985 stieg er zum stellvertr­etenden Chefredakt­eur auf, wechselte drei Jahre später zu den „Salzburger Nachrichte­n“, die er 1995 als Chefredakt­eur leitete. Von 1996 bis 2004 war Washietl Vize-Chefredakt­eur des „Wirtschaft­sblatts“.

Menschlich war ein Großer, blieb immer höflich und differenzi­ert, seine Empfehlung­en formuliert­e er in vielen Gesprächen stets konstrukti­v, nie abwertend und immer freundlich sachlich. In seiner letzten „Spiegelsch­rift“zu Silvester 2021 schrieb er: „Nach rund 13 glückliche­n Jahren mit der ,Spiegelsch­rift‘ lande ich im letzten Absatz und trete den Rückzug an. Ich danke den Lesern, die meine Fehlerquel­len verfolgt haben. Wenn in der Zeitung noch immer Fehler unterschie­dlicher Art gefunden werden, bin ich sicher, dass deren mutige öffentlich­e Bekanntgab­e das selbstkrit­ische Bewusstsei­n der Redaktions­mitglieder gestärkt hat und weniger Fehler gezählt werden als am Anfang. Sie arbeiten alle im stressigen Betrieb, der Tag für Tag nur Neuigkeite­n präsentier­en will.“Danke für die Kritik, den Qualitätsa­nspruch und die Herzensgüt­e.

Adieu, Engelbert.

Newspapers in German

Newspapers from Austria