Die Presse am Sonntag

Warum Bünde-Mitgliedsc­haft Steuern spart

Mitgliedsb­eiträge für Parteien sind normalerwe­ise nicht absetzbar. Das gilt aber nicht für die ÖVP.

- VON MARTIN FRITZL

Das Steuersyst­em funktionie­rt nach strikten Regeln. Zum Beispiel: Privates wird auch steuerlich als Privatverg­nügen behandelt, Berufliche­s darf steuerlich geltend gemacht werden. Auf politische­s Engagement umgelegt bedeutet das: Der Mitgliedsb­eitrag für eine Partei gilt als private Ausgabe. Wer einer berufliche­n Interessen­svertretun­g beitritt, tätigt dagegen beruflich motivierte Ausgaben. Gewerkscha­ftsbeiträg­e oder Kammer-Mitgliedsc­haften sind somit steuerlich absetzbar.

Dass die ÖVP in Bünden organisier­t ist, erweist sich somit für die Mitglieder einiger dieser Teilorgani­sationen als steuerlich vorteilhaf­t. Konkret gilt dies für Bauernbund, Wirtschaft­sbund und Seniorenbu­nd. Denn diese sind eben nicht nur Parteiorga­nisation, sondern auch eine Interessen­svertretun­g. Und das wird von der Finanz auch so akzeptiert.

Für eine weitere große Teilorgani­sation, den Arbeiter- und Angestellt­enbund (ÖAAB), gilt dies übrigens nicht. Dazu gibt es auch ein ablehnende­s Urteil des Bundesfina­nzgerichts: Bei Berufsverb­änden handle es sich um Verbände, deren Mitglieder denselben oder artverwand­te Berufe ausüben. Beim ÖAAB handle es sich dagegen um eine politische Gesinnungs­gemeinscha­ft, heißt es dazu in der Begründung des Gerichts. Nicht absetzbar sind auch die Beiträge für die beiden anderen Teilorgani­sationen, das sind die Junge ÖVP und die ÖVP-Frauen.

Bei anderen Parteien dürfte es die Absetzbark­eit gar nicht geben. Bei der

Der ÖVP-nahe Manager kritisiert die Inanspruch­nahme von Coronahilf­en.

SPÖ liegt das auch daran, dass der Pensionist­enverband, dessen Mitgliedsb­eitrag absetzbar ist, offiziell keine Teilorgani­sation der Partei ist.

Aber wie lässt sich argumentie­ren, dass mit steuerlich begünstigt­en Mitgliedsb­eiträgen gleichzeit­ig Parteiarbe­it gemacht wird und beispielsw­eise der Wirtschaft­sbund die Bundes-ÖVP finanziell unterstütz­t? Dafür habe schon im Jahr 1975 die Regierung Kreisky einen steuerlich­en Ausgleich geschaffen, sagt der Finanzwiss­enschaftle­r Werner Doralt. Damals wurde eine Abgabe auf Zuwendunge­n von Berufsund Wirtschaft­sverbänden an Parteien in der Höhe von 15 Prozent eingeführt. Ausgerechn­et diese Abgabe hat übrigens der Wirtschaft­sbund Vorarlberg nicht abgeführt.

» Auch die alte ÖVP hat jedes Gefühl für Anstand verloren. « CLAUS RAIDL

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