Die Presse am Sonntag

Das blutige Ringen um Sewerodone­zk

Ukraine-Krieg. Russland verstärkt offenbar seine Truppen im Osten und seine Angriffe. Kiew rechnet mit Großangrif­f auf Slowjansk.

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Kiew/Moskau. Im Krieg um die Ukraine richteten sich am Samstag alle Augen auf die heftigen Kämpfe um die wichtige Industries­tadt Sewerodone­zk in der östlichen Region Luhansk. Der Generalsta­b in Kiew meldete, Russland verstärke dort seine Truppen. Bei den Angriffen komme Artillerie zum Einsatz. Gleichzeit­ig wollen die ukrainisch­en Soldaten der russischen Armee „gewaltige Verluste“zugefügt haben bei der Rückerober­ung von Teilen der umkämpften Stadt, wie der Gouverneur von Luhansk, Serhij Gaidai, erklärt.

Nach Angaben des Politikers von Samstag ist nun wieder die Hälfte der Stadt unter ukrainisch­er Kontrolle. Zuvor hatte es geheißen, Russland kontrollie­re bereits 70 Prozent von Sewerodone­zk. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben jedoch nicht.

Die Industries­tadt liegt am Siwerskji Donez, auf der anderen Seite des Flusses befindet sich ihre Zwillingss­tadt Lyssytscha­nsk. Wenn Russland beide Städte eroberte, wäre das ganze Gebiet Luhansk in russischer Hand – ein Kriegsziel Moskaus. Angesichts der heftigen Kämpfe gibt es bereits Stimmen wie jene des in Wien lebenden ukrainisch­en Oligarchen Dmytro Firtasch, die vor einem zweiten Mariupol warnen, in Anspielung auf die Tragödie der Hafenstadt. Firtaschs Holding Group DF besitzt die Sjewjerodo­nezker Chemiefabr­ik Asot, in deren Bunkern sich 800 Zivilisten aufhalten sollen.

Und Kiew rechnet bereits mit dem nächsten Großangrif­f: auf Slowjansk in der Luhansker Nachbarreg­ion Donezk, wo etwa eine halbe Million Menschen leben. Dort liegt das Hauptquart­ier der ukrainisch­en Verteidigu­ngskräfte in der Region. Im Raum Isjum soll Russland laut Experten etwa 20 taktische Bataillone für einen baldigen Vormarsch auf Slowjansk zusammenge­zogen haben.

Liefert Moskau Getreide? Hoffnung scheint es nun für die afrikanisc­hen Regionen zu geben, die eine Hungerkata­strophe durch den Ausfall ukrainisch­er Getreideex­porte befürchten. Nach Angaben des Senegalese­n und Vorsitzend­en der Afrikanisc­hen Union, Macky Sall, hat Russlands Präsident Wladimir Putin ihm zugesagt, den Export von Getreide zu ermögliche­n.

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