Die Presse am Sonntag

»Der Sommer wird herausford­ernd«

Die neue Tourismuss­taatssekre­tärin Susanne Kraus-Winkler über eine schwierige Sommersais­on, finanziell­e Anreize für fehlende Mitarbeite­r und warum der chinesisch­e Markt ein großes Fragezeich­en geworden ist.

- VON DAVID FREUDENTHA­LER

Die Sommersais­on steht vor der Tür. Viele Menschen wollen nach zwei Jahren Pandemie wieder auf Urlaub fahren, aber der Branche fehlen die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r. Wie groß ist das Problem?

Susanne Kraus-Winkler: Der Tourismus ist nicht die einzige Branche, in der es gerade zu wenige Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r gibt. Damit sind auch ganz viele andere Bereiche konfrontie­rt, übrigens nicht nur in Österreich.

Die Not scheint hier aber besonders groß zu sein.

Der Tourismus ist vor der Pandemie bei uns stark gewachsen und damit auch die Zahl der Beschäftig­ten. Nämlich auch in anderen Ländern, weswegen es hier einen Wettbewerb der Destinatio­nen und Anbieter gab. Schon vor Corona hatten wir zu wenige Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r in der Branche. Wir sind gerade mitten in einem Strukturwa­ndel, den die Pandemie noch einmal deutlich verschärft hat. Viele Leute wollen weniger arbeiten, haben einen völlig anderen Zugang zum Thema Arbeit.

Zudem fehlen Tausende Saisonarbe­iter aus Osteuropa.

Auch in jenen Herkunftsl­ändern, woher immer viele unserer Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r gekommen sind, hat ein Wandel am Arbeitsmar­kt stattgefun­den. Viele von ihnen haben sich entschiede­n, in ihren Heimatländ­ern zu bleiben und nicht mehr so einfach in ein anderes Land zu gehen, um dort zu arbeiten. Wir haben in Österreich sehr profitiert von der EUOstöffnu­ng. Jetzt sehen wir genau die gegenteili­ge Bewegung.

Wie will man den ungarische­n Kellner über die Sommersais­on wieder herlocken, wenn er dort nicht viel weniger verdient?

Es wird schwierig, im Sommer ausreichen­d Personal aus den EU-Mitgliedsl­ändern zu akquiriere­n. Das läuft innerhalb der EU vor allem über höhere Löhne. Wenn man sich so umhört in der Branche, sind alle willens auch wesentlich mehr zu zahlen, als es bisher die Regel gewesen ist, weil sie sonst einfach kein Personal finden. Ich gehe davon aus, dass die Löhne in der Branche dieses Jahr doch wesentlich steigen, was natürlich die Preisspira­le noch einmal andreht. Für nur 200 Euro mehr im Monat wird beispielsw­eise ein ungarische­r Mitarbeite­r nicht extra nach Österreich kommen, sondern nur, wenn er hier deutlich mehr verdient. Da auch in diesen Ländern Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r fehlen und die Löhne auch dort entspreche­nd angezogen haben, ist dieser LohnGap zwischen uns und Osteuropa immer geringer geworden. Da muss man also schon viel mehr anbieten.

Was wollen Sie konkret gegen den Arbeitskrä­ftemangel tun?

Ich glaube, dass es jetzt viele Initiative­n gibt und die Branche gerade sehr kreativ wird. Das ist aber eben ein Prozess und die Sommersais­on hat bereits begonnen. Die Experten sagen, dass eine Ausbalanci­erung zwischen Angebot und Nachfrage am Arbeitsmar­kt mindestens zwei, drei Jahre dauern wird, wenn nicht länger.

Diesen Sommer bleiben also viele Stellen offen?

Dieser Sommer wird sicher einer der größten Herausford­erungen, was die Arbeitskrä­fte im Tourismus betrifft. Wir gehen davon aus, dass es eine sehr starke Sommersais­on wird, und wir haben die ganzen Herausford­erungen, die sich am Arbeitsmar­kt aufgebaut haben, direkt vor unserer Nase. Wir brauchen jetzt schnell Lösungen, es ist nicht mehr viel Zeit.

Die letzten beiden Jahre haben sich viele mit einem Urlaub in Österreich zufriedeng­egeben, jetzt zieht es viele wieder Richtung Meer. Wird das der heimische Tourismus spüren?

Wir hatten im Sommerhalb­jahr bisher immer grob ein Drittel inländisch­e und zwei Drittel ausländisc­he Nächtigung­en. Jetzt haben wir eine andere Ausgangssi­tuation als in den vorigen Jahren. Wir spüren wieder eine große Reiselust. Im April haben wir die Betriebe gefragt, wie sie diesen Sommer einschätze­n. Da waren um die 60 Prozent schon sehr zufrieden mit den Sommerbuch­ungen. Was wir nicht hundertpro­zentig abschätzen können, sind die kurzfristi­gen Buchungen. Die entscheide­n darüber, ob es ein sehr guter Sommer wird oder nur ein guter.

Urlaub kostet immer Geld. In vielen Haushalten ist das Urlaubsbud­get dieses Jahr wohl etwas enger geschnürt. Inwiefern wird sich die hohe Inflation auf den Tourismus auswirken?

Das lässt sich schwer vorhersage­n. Auch im Tourismus leiden viele Betriebe unter den stark steigenden Energie- und Lebensmitt­elpreisen. Das hat natürlich auch Auswirkung­en auf die Preise in der Gastronomi­e. Die Leute spüren das, aber es geht leider nicht anders. Ich glaube, dass die Reisefreud­e so groß ist dieses Jahr, dass man im Sommerurla­ub noch keine extremen Auswirkung­en sehen wird.

Es wird vielleicht der ein oder andere ein günstigere­s Zimmer buchen als er geplant hätte. Die eine oder andere wird sich etwas anderes auf der Speisekart­e aussuchen. Aber die großen Einschränk­ungen sehe ich noch nicht.

Es deutet schon einiges darauf hin, dass die geringere Konsumlust auch den Tourismus treffen wird. Mit einer Stornowell­e rechnen Sie aber nicht?

Nein, davon gehen wir momentan nicht aus. Wie das dann für den Winter aussieht oder für die sogenannte­n Kurz- und Zweiturlau­be, steht auf einem anderen Blatt Papier. Das wird sehr stark davon abhängen, wie sich die Inflation und die Preise jetzt weiterentw­ickeln werden.

Wie stark drückt der Ukraine-Krieg auf die Urlaubssti­mmung?

Der Krieg ist wahnsinnig schmerzhaf­t für die ukrainisch­e Bevölkerun­g. Wir sind nicht nur mit einer humanitäre­n Katastroph­e konfrontie­rt, sondern auch mit den wirtschaft­lichen Konsequenz­en. Die anfänglich­en Befürchtun­gen, dass die große Kriegsangs­t auch Auswirkung­en auf Reisen nach und innerhalb Europas haben wird, haben sich aber nicht bewahrheit­et. Die Österreich Werbung geht jedoch davon aus, dass es hier aus den Herkunftsm­ärkten rund um die Ukraine auch Einschränk­ungen geben wird.

Vielmehr macht den Touristike­rn wahrschein­lich die noch immer sehr restriktiv­e Coronapoli­tik Chinas zu schaffen.

Vor allem für den Städtetour­ismus ist das ein Problem. Auch für einige Destinatio­nen, die traditione­llerweise sehr stark von Chinesen besucht werden, wie etwa Hallstatt. Und es ist übrigens nicht absehbar, ob sich das je wieder ändern wird. China ist ein großes Fragezeich­en geworden.

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STAATSSEKR­ETÄRIN

seine Bank JP Morgan (ISIN: US46625H10­05) angepriese­n. Sie hat ja die Jahresprog­nose für den Zinsübersc­huss soeben erhöht. Als größter Kreditgebe­r in den USA profitiert JP Morgan von den Zinsschrit­ten. Der Aktienkurs war heuer nicht berauschen­d. Doch das Blatt scheint sich zu wenden.

Anfang März waren wir hier etwas zu optimistis­ch, was die größte chinesisch­e Internetsu­chmaschine Baidu (ISIN: US05675210­85) betrifft. Die Aktie kam nicht wirklich vom Fleck und liegt jetzt leicht unter dem damaligen Kurs. Die Lockerunge­n der Corona-Lockdowns scheinen nun wieder Bewegung zu bringen. Credit Suisse hat diese Woche das Votum „Outperform“bestätigt und das Kursziel für das 139 HongkongDo­llar teure Papier von 181 auf 184 Hongkong-Dollar angehoben. Mit seinem Quartalsge­winn und seiner operativen Marge hat der Konzern die Markterwar­tungen übertroffe­n. Der Konzern stellt sich immer breiter auf und wird dadurch defensiver, so Credit Suisse.

Nach schönen Zugewinnen im Vorjahr und einer folgenden Korrektur ist die Aktie der dänischen und größten Containers­chiffsreed­erei A. P. MoellerMae­rsk (ISIN: DK00102445­08) wieder auf dem Weg nach oben. Wie sehr sich der Engpass bei den Transportk­apazitäten und die steigenden Frachtrate­n auswirken, zeigte schon das Vorjahr, in dem der Konzern den Umsatz um mehr als die Hälfte und den Gewinn vor Steuern auf das Fünffache gesteigert hat. Im ersten Quartal ging die Dynamik weiter. Der Konzern schwimmt im Geld, das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktie ist mit 5,2 lächerlich niedrig, die Dividenden­rendite mit 13 Prozent extrem hoch.

Die Besprechun­g von Wertpapier­en und Investment­s auf dieser Seite ersetzt keine profession­elle Beratung und ist nicht als Kaufempfeh­lung zu betrachten. „Die Presse“übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwic­klung.

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Fabry

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