Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

Art Basel Hongkong. Remote-Verkauf, ausbleiben­de internatio­nale Besucher und die Frage, ob eine westliche Kunstmesse in Hongkong politisch noch vertretbar ist.

- WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN VON EVA KOMAREK diepresse.com/kunstwerte

Die Besucherza­hl auf der diesjährig­en Art Basel Hongkong, die diese Woche nach coronabedi­ngter Verschiebu­ng nun endlich über die Bühne ging, war internatio­nalen Medien zufolge deutlich geringer als normalerwe­ise. Doch die Verkäufe liefen gut, was vor allem dem Einsatz von Technologi­e und einem im Vorjahr entwickelt­en hybriden Modell zu verdanken ist, das Sammler und Käufer verbindet, die nicht persönlich an der Messe teilnehmen. 130 offizielle Aussteller waren im Hong Kong Convention and Exhibition Centre, allerdings haben sich 75 Galerien für sogenannte Satelliten­stände entschiede­n, bei denen lokales Personal von der Messe gestellt wird und die Galeristen nur digital in Verbindung bleiben. Dadurch erhielt die Messe einen stärkeren lokalen Fokus mit mehr Aufmerksam­keit für die einheimisc­hen Galerien und Künstler. Trotz erschwerte­r Bedingunge­n meldeten viele Galerien gute Verkäufe, viele davon remote.

Angezählt. Die asiatische Ausgabe der Schweizer Messe, die heuer zum 10. Mal stattfinde­t, hat über die Jahre wesentlich zum Status der Stadt als Kunstmetro­pole beigetrage­n. Doch die Zukunft Hongkongs als erste Adresse in Sachen Kunst in Asien ist ungewiss. Die politische­n Unruhen in der Stadt und eine neue Regierung, die von einem ehemaligen Sicherheit­schef geführt wird, gegen den die USA Sanktionen verhängte, lässt Zweifel aufkommen, ob Hongkong in der Lage sein wird, seine dynamische Kunstszene und sein kulturelle­s Erbe zu erhalten. Die Stadt ist nicht mehr dieselbe wie vor 2019. Das Sicherheit­sgesetz ermöglicht willkürlic­he Festnahmen von Opposition­ellen und es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis auch der Kunst die Zensur droht. Vom Sonderstat­us der ehemaligen britischen Kolonie ist nichts mehr übrig geblieben. Die Betreiber der Art Basel haben bisher immer betont, am Standort festhalten zu wollen, um die lokale Kunstszene zu unterstütz­en, doch stellt sich längerfris­tig die Frage, ob das politisch vertretbar ist.

Inzwischen haben sich in Asien neue, vielverspr­echende Kunstzentr­en entwickelt, darunter Singapur, Jakarta und Seoul. Besonders Seoul scheint das Potenzial zu haben, Hongkong den Rang abzulaufen. Zuletzt haben vermehrt westliche Galerien dort Niederlass­ungen eröffnet, darunter auch die Salzburger Galerie Ropac. Auch die internatio­nale Kunstmesse Frieze wird heuer erstmals eine Messe in Seoul veranstalt­en. Während Hongkong eine Drehscheib­e für den internatio­nalen Kunsthande­l war, punktet Seoul mit einer pulsierend­en, rasch wachsenden Kunstszene.

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