Die Presse am Sonntag

Glaubensfr­age

Pfingsten gilt als Geburtsstu­nde der Kirche. Dass sie nie männlich gewesen ist, ist klar. Auch wenn nur Männer Weihe-Ämter innehaben. Was denken Frauen über Frauen in der Kirche?

- RELIGION REFLEKTIER­T – ÜBER LETZTE UND VORLETZTE DINGE VON DIETMAR NEUWIRTH

Der Besuch ist schon ein paar Wochen her. Eine Gruppe von Frauen aus Österreich hat Rom besucht. So weit, so zunächst wenig spektakulä­r. Nur: Es ist eine Delegation katholisch­er Laiinnen gewesen, die dem Vatikan eine Visite abgestatte­t hat (nein, dort besteht kein Zutrittsve­rbot für Frauen). In mehreren Abteilunge­n wurden Anliegen vorgebrach­t – auch Papst Franziskus bei einer kurzen Begegnung.

Darum hat sich neulich ein Gespräch mit Angelika Ritter-Grepl gedreht. Die Tirolerin ist Österreich-Präsidenti­n der katholisch­en Frauenbewe­gung (hat noch nie jemand an einen neuen Namen gedacht?), die die Österreich­erinnen-Runde angeführt hat. Mediales Interesse fand dieses durchaus interessan­te kleine, aber feine Ereignis so gut wie nicht. Wie überhaupt Interesse an dem, was die Kirche sagt und tut, überschaub­ar geworden ist. Aber das ist ein anderes Thema.

Zurück zur Frauenchef­in: Nachdem so viele Männer, vom Bischof bis zum Land-Vikar, auch zu Pfingsten in der Kirche das Wort ergreifen, geben wir es hier einer Frau. Angelika Ritter-Grepl, wie erwähnt Präsidenti­n der katholisch­en Frauen, erzählt über ihre Erfahrunge­n in Rom: „Das Frauenthem­a ist weltweit da, über alle kulturelle­n Unterschie­de hinweg. Manchmal geht uns die Geduld aus. Es zieht sich wie ein Strudeltei­g. Aber ich bin sehr beeindruck­t, welch klares Bild die Menschen haben, die in den Dikasterie­n des Vatikans arbeiten, was in der Kirche in der Welt vor sich geht.“

Haben sie aber auch Ideen, wie darauf reagieren, was wie reformiere­n? Angelika Ritter-Grepl: „Mastermind ist der Papst. Papst-Ernennunge­n von Frauen in höchste Ämter bringen das Frauenthem­a voran.“Immerhin hat Franziskus ein Tabu gebrochen. Frauen dürfen seit der ab Pfingsten geltenden Kurienrefo­rm jetzt – ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein großer für die Kirche – auch Leitungsfu­nktionen übernehmen, die bisher Priestern vorbehalte­n gewesen sind. Wieder Angelika RitterGrep­l: „Es spürt jeder, dass sich etwas ändern muss, dass wir uns in einem Reformproz­ess befinden. Wir haben eine Bewegung aufeinande­r zu, eine Zangenbewe­gung: ein Top-down durch Ernennung von Frauen im Vatikan und ein Bottom-up durch den weltweit laufenden synodalen Prozess. Am Ende des Tages wird es schon auch darum gehen, wie gehen wir mit dem Thema der Weihe um. Ich bin sehr hoffnungsv­oll, dass Änderungen schneller kommen als langsamer. Wir sind unterwegs und der Kurs stimmt.“

Nach der christlich­en Lehre und Tradition gilt Pfingsten als die Geburtsstu­nde der Kirche, als Fest des Heiligen Geistes. Als einer seiner sieben Gaben ist im Katechismu­s eine Eigenschaf­t definiert, ohne die Reformen in der Kirche nicht vorankomme­n werden: Weisheit.

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