Die Presse am Sonntag

Der Mut der Pensionist­en

- MARTIN FRITZL

Das wird die ÖVP-Spitze gar nicht freuen: Der scheidende Landeshaup­tmann, Hermann Schützenhö­fer, spendet demonstrat­ives Lob für Rechnungsh­ofpräsiden­tin Margit Kraker (siehe Seite 8). Diese bezweifelt, dass die Volksparte­i ihr eine korrekte Abrechnung des Wahlkampfs 2019 übermittel­t und die Wahlkampfk­osten-Obergrenze eingehalte­n hat, und schickt einen Prüfer in die Partei – ein bisher einmaliger Vorgang.

Kritik an Kraker ist bisher öffentlich nicht laut geworden, aber offensicht­lich spielt sich die gerade parteiinte­rn ab, sonst hätte Schützenhö­fer nicht zur Verteidigu­ng

seiner früheren Mitarbeite­rin ausrücken müssen. Das Statement des Landeshaup­tmanns ist gleichzeit­ig eine offene Kritik an der Linie der Partei, wie man sie von Schützenhö­fer bisher kaum gehört hat. Das Ausscheide­n aus der Politik macht wohl mutig, Schützenhö­fer ist nicht der erste Polit-Pensionist, der plötzlich Klartext redet und seine Finger in die offenen Wunden der eigenen Partei legt. Damit erinnert er ein wenig an den früheren ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er, der nach dem Ausscheide­n aus der Politik einen Kultstatus erlangte, den er vorher nie hatte.

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